242) PIEEEEEP

Nach dem ich mich im Februar mal an das Thema >Gendern gewagt hatte und auch ein >Gastbeitrag folgte, wurden beide Beiträge fleißig diskutiert. Danke dafür. Das zeigt mir aber auch, wie konträr die Sichtweisen sind, wenn es um die „richtige“ (… was ist das überhaupt?) und „zeitgemäße“ (… welche Zeit denn?) Wortwahl geht.

Und bei den Beiträgen habe ich mich noch nicht mal an die N-Worte, I-Worte, Z-Worte und X-Worte gewagt. Schönen Gruß bei der Gelegenheit an Sinnlosreisen, wir hatten heute einen netten Kommentarwechsel dazu.

Die neue Sprache ist wahrlich ein heißes Eisen, daher habe ich bisher nur meinem Digital Bot Assistant T.Bot erlaubt, darüber zu schreiben hier in >Wenn Bots bloggen – Teil 10.

Aber genug der Einleitung, weiter im Thema.

Im Prinzip erkenne ich bei der Diskussion zwei Lager:

  • Die einen sagen: Über die konsequente Durchsetzung einer Sprache ergibt sich langfristig eine Haltung.
  • Die anderen sagen: Wenn eine Haltung das Herz erreicht, ergibt sich die neue Sprache von ganz allein.

Keine Ahnung, ob meine Einteilung wissenschaftlich standhält, ist mir aber auch egal.

Ich weiß definitiv, dass ich eher zur zweiten Fraktion gehöre:

Bei mir schrillen einfach die Alarmglocken, wenn ich bestimmte Worte nicht mehr nutzen „darf“ und stattdessen neue Wörter gelten. Die Deutschen sind im vergangenen Jahrhundert mehrfach sprachlich umgekrempelt worden. Alltagswörter, Straßennamen und sogar Städte von heute auf morgen umbenannt. Gestern richtig, heute falsch. Selbst mehrmals in einem Leben. Aus ideologischen Gründen. Einfach so. Ja, dabei wurden jeweils große Bevölkerungsteile „erfolgreich“ sprachkonvertiert, aber eben nie alle und das bestätigt mir, dass es übers Herz kommen muss. Sonst wird in der Epoche halt gesprochen wie gesprochen werden „soll“, damit es irgendwem passt. Unterschwellig wabert aber die alte Sprech noch so mit und hält sich über Generationen, selbst wenn die Schöpfer dieser Sprache schon lange unter der Erde sind. Und nicht nur die Sprache überlebt Jahrzehnte, sondern eben auch die Haltung, was ja noch viel schlimmer ist.

Was aber irgendwie absurd ist, dass Wörter heute „weggepiept“ oder „weggesternt“ werden, selbst wenn man mal sachlich drüber reden will und die Schreiberlinge bei jedem Wort überlegen müssen, wem sie aktuell auf die Füße, Hautfarbe oder Geschlechtsteile treten, ohne es zu beabsichtigen. Dann sprechen sie die Wörter zwar nicht aus, denken sie doch aber trotzdem.

Glaubt ihr nicht?

  • Kennt ihr das Schnitzel in roter Paprika-Sauce, dieses N****-Schnitzel?
  • Oder diese schaumigen Schoko-Dinger, diese Z*******-Küsse?

Na, gemerkt?

Natürlich sollte man sich mal neue Begriffe dafür einfallen lassen, aber diese Entwertung über Nacht, kann nicht funktionieren. Die Wörter sind über Jahrzehnte entstanden, also muss man ihnen auch Zeit, geben sich weiterzuentwickeln.

Dass ich als Kind mehrfach das Buch „PIEEEEEP Nobi“ gelesen habe, traue ich mich hier kaum zu schreiben. Und das ist doch Gaga, Leute! Das Buch hieß nunmal so wie es hieß, es war nicht meine Idee. Und das Buch war sogar echt gut, soweit ich mich erinnere. Und ich bin kein Rassist geworden, glaube ich. Das Buch heißt heute anders. Das Wort „PIEEEEEP“ wurde gänzlich wegretuschiert.

Aber ich spüre, ich muss die Hauptstraße dieses Blogbeitrags verlassen, sonst schreibe ich mich in Rage.

Stattdessen mache ich mal etwas futuristisch weiter:

Was wäre eigentlich, wenn es eine erweiterte Rechtschreibkorrektur gäbe? Die bessert nicht nur die vielen Tipp-und Komma-Fehler aus, sondern auch alle anderen sprachlichen Entgleisungen. Je nach dem, was gerade so gefordert ist. Da die sprachliche Entwicklung aber so schnell voran geht, gibt es alle vier Wochen ein Software-Update. Interessenverbände, Gewerkschaften, Gleichstellungsbeauftragte, Minderheitenvertretungen, Religionen und Ministerien verhandeln jeden Monat und dann fließt das neue Vokabular „certified and approved“ in die Rechtschreibprüfung ein. Und wenn die Gremien später zur Erkenntnis kommen, dass gewisse Formulierungen rückwirkend schwierig sind, dann reicht ein weiteres Update und schwups sind alle Formulierungen rückwirkend angepasst. Wie praktisch, oder?

Aber letztlich führt das wieder nur zum Anfang des Beitrags. Die Worte entsprechen dann der Sprachregel, sie sind dann nicht mehr rot unterstrichen, sogar automatisch korrigiert. Ja, aber die Herzen, die erreicht die Autokorrektur eben nicht.

In diesem Sinne!

PS: Konstruktive Kommentare jederzeit gern gesehen 😉

142) Corona-Lektionen 47

Verfolgt man die Nachrichten der letzten Tage, könnte man meinen, es ist Anfang März und wir gehen auf den Corona-Frühling zu.

Aber nein, es ist Oktober, Herbst und Winter liegen also vor uns. Die düstere, kalte Jahreszeit. Das an sich reicht ja schon, um anfälligen Gemütern die Stimmung zu vermiesen.

Aber die dicke Packung wird gerade noch zusammengestellt:

Weil Corona-Maßnahmen auf Staaten-Ebene zu weit greifen, bezieht man sie seit einiger Zeit eher auf Bundesländer, Landkreise und Gemeinden. Dies führt nun aktuell dazu, dass bestimmte Berliner Stadtbezirke auf der Liste der Risiko-Gebiete stehen. Dabei zählt der Wohnsitz wohlgemerkt, nicht der Ort wo man arbeitet, wo man lebt, liebt oder anderen Interessen nachgeht. Ein paar Meter Asphalt entscheiden nun über „Glück“ oder „Pech“. Prenzlauer Berg gehört verwaltungstechnisch zu Pankow und das wiederum reicht bis an die Stadtgrenze. Glück gehabt. Pankow ist nicht so dicht besiedelt, hat weniger Eventflächen und viel Grün. Menschen in Friedrichshain, Mitte und Neukölln dagegen leben in einem Kessel und sind nun in bestimmten anderen Bundesländern nicht mehr erwünscht. Und eigentlich, dürfte man da eigentlich aus Prenzlauer Berg auch nicht mehr hinfahren. Denn vernünftigerweise würde man rückwärts von Tram oder Fahrrad direkt auf Quarantäne umsteigen. Haben wir vor ein paar Tagen noch 30 Tage Wiedervereinigung gefeiert, gibt es hier nun wieder solche und solche … Zonen.

Aber nun is’ Schluss mit lustig! Sperrstunde von 23:00 bis 06:00 Uhr, keine Clubs, keine Kneipen oder Restaurants. Kein Alkohol vor den Späti’s. Oaaaaaahhh, wie schade!!! Ein Berliner Kulturgut geht kaputt. Nicht mehr feiern bis kein Arzt kommt. Kein Lagerfeuer, kein Grillfest im Stadtpark.

Familien, die in den kommenden Herbstferien vielleicht noch mal etwas durch Deutschland gurken wollten, können ihre Pläne vermutlich schon wieder abblasen. Oder werden abgelehnt. Selber Schuld oder? Da haben die wohl zu viel gefeiert, die „Berliner“ da.

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60) Böllerverbotszonen

Kaum ist die fette Gans verdaut, da kommt schon das nächste heiße Ding auf den virtuellen Stamm-Tisch. Der Böller.

  • Mit „Brot statt Böller“ versucht man nun schon seit den 80-er Jahren zu sensibilisieren, dass man das Geld doch vielleicht etwas sinnvoller einsetzen könne. Der Pöbel verstand aber schnell, dass Brote nicht so gut knallen.
  • Nach Öffnung der europäischen Grenzen schwemmten dann illegale Böller aus Ost-Europa den Markt, machten einen Höllen-Lärm und rissen dutzende Deutsche Finger ab. Einzelschicksale. Das verschreckte auch nicht wirklich.
  • Dann haben sich Katzen, Vögel, Füchse und Waschbären reihenweise über Herz-Infarkt und posttraumatische Belastungsstörung beschwert, weil es zu laut knallte. Aber auch mit dem Tierschutz konnten man die breite Böller-Masse nicht überzeugen, weniger oder leiser zu knallen.
  • Dann betraten Feinstaub und Klima die Böller-Bühne. Schnell wurden Böller die neuen Diesel-Motoren. Böller und Raketen lassen sich noch nicht mit Partikelfiltern nachrüsten und erzeugen in kurzer Zeit viel Ruß, Staub und Dreck. Gar nicht gut. Am besten verbieten, ausgrenzen oder mit Batterien antreiben.
  • Und nun die Sicherheit. Weil Voll-Idioten mit Knallwerk und Raketen auf Menschen zielten und auch vor Sicherheits-und Rettungskräften nicht Halt machten, gibt es nun in Berlin also die ersten „Böller-Verbots-Zonen“. Und wie beim Diesel, befürchten erste Schlaumeier, dass das Knall-Volk auf die Nebenstraßen ausweicht … Ach nee.
  • Liebe Spiel-Verderber, ich beabsichtige Morgen, gegen 24:00 Uhr, 15 Raketen Deutscher Herstellung in die Berliner Luft zu schießen. Ich hoffe, das fällt noch unter die Geringfügigkeitsgrenze. Natürlich werde ich beim „Abbrennen“ auch strickt den Anweisungen auf der Packung folgen. Ich werde den „Raketenstab in eine feststehende Abschussvorrichtung (z.B. Rohr) stecken“ und mich dann „sofort mindestens 8 Meter entfernen“. Anschließend werde ich die „Verpackung dem Recyclingabfall und Gegenstand (nach Funktionsende u. abgekühlt) den Restabfall zuführen.“ Selbstverständlich.
  • Und wenn all das wirklich nicht mehr sein soll, dann verbietet bitte die Knallerei komplett und überall. Dann legt euch aber bitte auch konsequent mit der Pyro-Lobby, dem Einzelhandel, dem Tourismusverband und danach mit euren Wählern an. Macht das! Nur zu. Dann gibts künftig aber beim Captains-Dinner keine Wunderkerzen mehr auf der Diesel-Traumschiff-Abschluss-Torte und auch keine einzige Rakete mehr, sollte Deutschland jemals wieder Fußballweltmeister werden.

Hört auf, mir jedes Jahr um diese Zeit ein schlechtes Gewissen einzureden. Ich bin nur ein Mini-Cracker!