425) Fliesen zählen im Morgengrauen 2

Vor vier Wochen hat es >mich endlich gelockt, wieder regelmäßig(er) Schwimmen zu gehen. Und zwar Morgens. Frühmorgens.

Nach vier Durchgängen „Fliesen zählen im Morgengrauen“ ist es nun also Zeit für ein kleines Resume und eine kurze Zusammenfassung der Vor-und Nachteile gegenüber anderen morgendlichen  Sportarten 😉

Zunächst zu den Vorteilen:

  1. Man muss mit niemandem reden, es herrscht Stille.
  2. Das Gelände ist frei von Hundescheiße und auch weitgehend eben
  3. Es gibt nur sehr wenig anthropomorphische Überbleibsel am Fußboden und wenn doch, dann kann ich die mit zunehmender Kurzsichtigkeit auch ganz gut ignorieren. Ich laufe ja nicht, sondern schwebe drüber, wie ein Phelps im Wasser. 
  4. Ich habe endlich wieder Verwendung für 5-Cent Stücke, auch wenn ich mich eigentlich frage, warum die Inflation nicht auch schon beim Fönen zugeschlagen hat. Vermutlich haben sie einfach Laufzeit des Gebläses verkürzt.
  5. Und man kann Duschen, ohne Ende duschen. Duschen, duschen, duschen. Man kann das Geschirr von zu Hause mitbringen und mit abwaschen 😉

Ein paar Schattenseiten hat das Schwimmen allerdings auch:

  1. Irgendwann muss man ins Wasser, ganz ohne geht‘s noch nicht
  2. Man fühlt sich als Umweltpumpe missbraucht. Das halbe Wasser säuft man leer, um es dann im besten Fall noch bei denen wieder aufs Klo zu bringen.
  3. Man muss sich mit Geschlechtsgenossen in der Umkleidekabine tummeln, wobei das um 6:30 Uhr eigentlich noch geht, wenn man sich ein gemütliches Plätzchen sucht
  4. Beim morgendlichen Schwimmen kann man eigentlich nie 2-EUR-Stücke in den Schränken finden. Aber sei es dem Personal gegönnt. Irgendwie müssen sie ja ihre Weihnachtsfeier finanzieren.
  5. Großer Nachteil ist, dass es mit dem Podcasthören nicht so einfach ist. Dann muss man sich mit sich selbst beschäftigen oder über einen Blogbeitrag nachdenken. Und da es kein Diktiergerät oder ChatGPT im Wasser gibt, muss man sich dann den Text noch merken … während man aber auch die Bahnen zählen … und über den Tag nachdenken muss … scheiße, wo war ich jetzt? 22, 24, 26? Misst!

Bahn 4 bittet um einen großen roten Buzzer am Beckenrand.“

<— Fliesen zählen im Morgengrauen 2

300) Was stärkt mich gerade?

Was stärkt uns gerade? Das fragte Sarah von >mutter-und-sohn.blog kürzlich und lud die Community zu einer Blogparade ein. Unter anderem einen gewissen T. aus Berlin. Das muss dann wohl ich sein und erinnerte mich mal wieder daran, entweder endlich aus der anonymen Deckung zu treten oder mir mal einen schnuffigen Nickname zuzulegen. Irgendwas mit T am Anfang. „Troll“ vielleicht oder „Tito“ oder „Truman“, aber das könnte dieser Tage nur Stress geben. Vielleicht „Troubadix“. Das gefällt mir. Kennt ihr nicht? Das ist der Barde bei Asterix und den Galliern, der immer nicht singen darf und beim großen Wildschweinessen am Baumhaus festgebunden wird. Vielleicht greife ich einfach Sarah‘s Ansprache auf und nenne mich fortan „T. aus Berlin“. Das ist dann nicht mehr ganz so anonym ;-). Aber ich schweife ab. 

Es geht schließlich um die Blogparade und die Frage, was uns gerade stärkt. Zunächst habe ich etwas gezögert, daran teilzunehmen. Erstens sind Blogparaden bei mir nicht ganz oben auf der Liste, zweitens fühle ich mich gerade gar nicht dazu berufen über „Stärke“ zu sprechen. Die letzten zwei Jahre Pandemie haben Spuren hinterlassen und die aktuellen Nachrichten verunsichern mich sehr. Bislang als völlig indiskutabel geglaubte Wertesysteme und mein innerer Glaube an das Gute im Menschen wurden schwer lädiert. Im Kopf zumindest. Sonst geht es uns ja gut. Hier „nerven“ die Vögel ab 05:00 Uhr, es heulen aber keine Sirenen und ich muss auch nicht überlegen, wann und wohin ich nun mit Kind und Kegel flüchte.

Aber zurück zur Frage: Was stärkt mich gerade?

Fünf Dinge will ich nennen:

  1. Zunächst mal die zunehmende Helligkeit am Morgen, die steigenden Temperaturen, die Sonne, die jeden Morgen ein paar Minuten eher hinter den Häusern hervorlugt. Ich brauche Licht, dass habe ich für mich in den letzten zwei Jahren im Höhlenoffice gelernt.
  2. Dann die Kollegen, mit denen ich täglich zu tun habe, deren Regierungen nicht unbedingt gerade „grün“ miteinander sind. Ich habe mit Indern und Pakistanis zu tun, mit Tschechen und Slowaken, mit Amerikanern und Mexikanern, mit Russen und Ukrainern, mit Türken und Israelis usw. Und dann reden wir auch mal übers Wetter, über Covid, über die Familie … und dann sind das immer völlig normale Leute, mit ihren Wünschen, ihren Sorgen und alltäglichen Herausforderungen.  
  3. Aber natürlich auch die Leserschaft hier bei mir auf‘m Blog. In Details haben wir vielleicht mal andere Auffassungen, aber hier ging es seit Beginn immer friedlich zu, immer gesittet und gern mit Seitenhieb und Augenzwinkern. Ich habe nie jemanden blocken müssen. So würde ich das gern fortsetzen.
  4. Unsere Freunde und Familie, mit denen man gemeinsam auf eine Demo geht, Schränke schleppt, auf der Datscha werkelt oder auch einfach mal nach knapp drei Jahren Distance in einer Kneipe versackt. Muss so!
  5. Meine Kinder, die zunehmend das „Großen und Ganze“ entdecken, sich ihre Gedanken und einen Reim auf die Welt machen. Und wenn sie dann bei Konflikten, Entscheidungen nicht gleich die Ellbogen einsetzen, sondern ihre eigenen Interessen und die Interessen anderer abwägen … dann macht mir das Hoffnung.

Das gibt mir Kraft.

Schönes Wochenende und Danke an Sarah für die Idee und Einladung.

155) Corona-Lektionen 57

Umso länger die Pandemie andauert und wir mit den Einschränkungen zu leben haben, umso mehr erlebe ich in Gesprächen eine gewisse Müdigkeit, Sättigung und Frustration (…  manchmal auch in mir selber …). Kein Wunder.

Schließlich haben wir die Situation nun schon seit März. Ganze neun Monate. In der Zeit kann man ein Kind auf die Welt setzen! Vermutlich erblicken in diesen Tagen die ersten Corona-Kinder das Licht der Welt. Aber darum geht‘s mir heute nicht. 

Wenn immer ich mich niedergeschlagen und Corona-müde fühle, versuche ich mir dann zu sagen: Ja, is‘ doof, aber…“

Wenn ich mir die vielen Arbeitsstunden der letzten Monate anschaue, sage ich mir:
„Ja, is‘ doof, aber wenigstens hast du viel zu tun und kannst dich tagsüber von all dem da draußen ablenken“.

Wenn mir nach 38 Wochen Homeoffice die Decke auf den Kopf fällt, sage ich mir:
„Ja, is‘ doof, aber wenigstens musst du nicht jeden Tag mit Bus oder Bahn fahren. Sei froh, dass du zu Hause arbeiten kannst“.

Wenn ich mich mal irgendwie eingesperrt fühle, sage ich mir:
„Ja, is‘ doof, aber jetzt weißt du ansatzweise, wie sich Menschen in Hausarrest fühlen. Setzen die nur einen Schritt vor die Tür, warten draußen Geheimdienst oder Polizei.

Wenn ich mich in meiner Freiheit beschränkt fühle, sage ich mir:
„Ja, is‘ doof, aber jetzt kannst du fühlen, wie es in manch autokratischen Systemen abgeht, wenn dem Volk schrittweise Recht für Recht genommen wird. Erinnere dich! Denk‘ immer dran!“

Wenn mir die Maske mal wieder auf den Sender geht, sage ich mir:
„Ja, is‘ doof, aber die Kinder müssen die Dinger den ganzen Tag im Unterricht tragen. Die haben es doch eigentlich mit am schwersten oder? Überfüllte Klassenräume, Stoff vorm Gesicht, Fenster bei 2°C geöffnet und dann noch einen Test schreiben“.

Also, probiert es mal selber aus, wann immer ihr ins Zweifeln kommt.

Sagt euch:
„Ja, is‘ doof aber …“

Schönes Wochenende und behaltet die Nerven!
T.

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