320) Erfrischende Videokonferenzen – Vol 2

Die Homeoffice-Regelungen fallen, Firmen ebnen den Weg zurück in die Büros. Alles ganz nett, aber virtuelle Konferenzen werden uns wohl für immer erhalten bleiben. Nicht schlimm, hatte ich ja vor Corona auch schon. Aber nun bin ich nach zwei Jahren Homeoffice noch in ein Projekt gerutscht, wo man ständig die Kamera anschaltet. Widerlich.

Ich meine, es ist ja ganz nett, die Kollegen mal zu sehen, aber das fesselt mich nun ständig an den Rechner. Ätzend. Vorher konnte ich mit dem Headset wenigstens durch die Bude laufen.

MS Teams, Zoom und andere Provider, bringen zwar regelmäßig neue Features raus, aber eigentlich voll an meinem Bedarf vorbei.

Hier fünf weitere Ideen für eine atemberaubende User Experience:

  1. Warum gibt‘s bei den „Reaktionen“ nur Daumen hoch, Beifall und Handzeichen? Ich bräuchte bitte Daumen runter, Augen-Rollen, Nervensäge, Piepvogel, Schnaufen und Gähnen.
  2. Hintergrundbilder gibt‘s ja nun schon länger und mittlerweile werden auch die Ohren nicht mehr abgeschnitten. Aber wann kommen endlich Vordergrundbilder? Wann kann ich mich „ganz aktiv“ einblenden, aber nebenbei mal herzhaft in die Pizza beißen oder ein Power-Nap machen?
  3. Und wenn schon Kamera gefordert ist, dann doch bitte eine Action-Cam, die ich mir auf den Kopf setzen kann und die dann meine Hackfresse filmt. Dann kann ich mich wenigstens vom Platz wegbewegen.
  4. Dann hätte ich gerne noch Sound-Effekte, die ich für alle Teilnehmer einspielen kann. Bohrgeräusche beim Nachbarn, nervende Kinder mit Hausaufgaben oder das Klingeln des Paket-Boten. „Sorry, warte mal, muss kurz weg. Gleich wieder da.“
  5. Und dann noch einen Lügendetektor für Abwesenheitsmeldungen der Kollegen. „Bin auf einem Innovation-Workshop und kann keine Anfragen beantworten“ wird dann übersetzt mit „Bin unterwegs … weiß gar nicht genau worum es geht … werde Kaffee trinken, das Buffet leer fressen, Selfies machen und dann einen völlig belanglosen Beitrag bei LinkedIn posten.“

Ja, Videokonferenzen könnten so echt an Unterhaltungsqualität gewinnen, finde ich  😉

<— Erfrischende Videokonferenzen – Vol 1

–> Erfrischende Videokonferenzen – Vol 3

304) Erfrischende Videokonferenzen – Vol 1

„Am I living in a box, am I living in a cardboard box“, so begann ein Refrain in den 80er Jahren.

Nach zwei Jahren Homeoffice lebe ich zwar zum Glück nicht in einem Karton, aber in TEAMS (und dieses Produkt sei mal nur stellvertretend genannt, es gibt ja viele andere).

Neulich habe ich einer lieben Kollegin aus UK mein Leid geklagt und dann schlug sie vor, sie sollte mich mal drücken. Was ja online schlecht geht, aber dann dachten wir im Scherz über eine neue Funktionserweiterung an der Software nach: Zwei Gummi-Arme die per Mausklick rechts und links des Monitors hervorschnellen. Plop. Hug. Na ja, noch nicht ganz zu Ende gedacht … aber immerhin.

Die aktuelle Woche verbrachte ich eigentlich 90% im virtuellen Meeting-Raum und da kamen mir noch zusätzliche Verbesserungen in den Sinn:

  1. Mir fällt zunehmend auf, wie jung und frisch manche Kollegen auf ihren Profil-Bildern wirken und wenn sie sich dann mal die Kamera freischalten, erschrecke ich schon mal.
    Feature Request: Eine Alterungssoftware sollte mitlaufen, die die Profilbilder kontinuierlich dem Alter und den Arbeitsgewohnheiten anpasst.
  2. Manche Leute sind zwar im Meeting, aber nicht wirklich anwesend. Beobachtet man ihre Augen genauer, sieht man, dass sie eigentlich mit Händen und Gedanken ganz woanders sind.
    Feature Request: Unter dem Profilbild sollte stehen, was die gerade nebenbei machen. „Writing e-mails“,  „Watching Netflix“ oder „Planning Weekend“. Das erhöht dann die Aufmerksamkeit. Garantiert!
  3. Am Dienstag nahm ich einen Mann und eine Frau im Meeting wahr, die zur gleichen Zeit etwas tippten und dabei ganz verschmitzt lächelten. Chatten die miteinander? Flirten die etwa? Läuft da mehr?
    Feature Request: Man sollte Beziehungslinien zwischen den Profilbildern einrichten so wie „Hat Affäre mit Kathrin“ oder „Ist Sohn von Jürgen“ oder „Hat Bonus für Peter genehmigt“. Das würde sofort das ein oder andere Verhalten im Meeting erklären.
  4. Oft werden Leute zu einem Statement aufgefordert und dann labern die nur Blödsinn. Das ist so auffällig und einfach zu durchschauen.
    Feature Request: Ein „Mind-Reader“, der die Gedanken des Sprechers in einer Sprechblase darstellt. Sagt der Teilnehmer zum Beispiel: „Danke, aber ich hätte das nicht besser formulieren können als mein Vorredner. Ich bin dabei, ihr habt mein volles Commitment“. Dann stünde über ihm geschrieben. „Worum geht‘s hier eigentlich, ich habe nicht aufgepasst und wo zum Henker bleibt der Lieferdienst?“
  5. Oft zeigen sich Teilnehmer überhaupt nicht und sagen nichts. Also nicht, dass ich sonderlich scharf drauf wäre, immer jeden sehen zu müssen. Aber wenn ich mir mehrere Stunden dieses Meeting gebe, erwarte ich das auch von Anderen.
    Feature Request: Ein Radius-und Bewegungskarte, die zeigt wo der Typ gerade herumschleicht. „Garage“, „Sauna“, „Geräteschuppen“, „Baumarkt“?
  6. Die ersten Konferenzsysteme funktionierten ja noch ohne Hintergrundbilder. Da musste man den Leuten in die verkramten Arbeitszimmer oder zugemüllten Küchen schauen. Heute sind die Hintergrundbilder sehr stabil und uns werden auch nicht mehr die Ohren abgeschnitten. Die Leute fühlen sich sicher und könnten im Prinzip sogar auf dem Klo sitzen oder auf eine Strandliege auf Mallorca, man würde es nicht merken.
    Feature Request: Die Hintergrundbilder spontan wegblenden und nur gegen Spende an Unicef wieder zulassen. Und ich verspreche: Die Spendenbereitschaft wäre ungeahnt hoch. Die Leute würden gar einer Einzugsermächtigung zustimmen.
  7. Das Hauptproblem ist eigentlich, dass man zu den Meetings immer noch persönlich erscheinen muss, oder?
    Feature Request: Ein „On behalf“-Login, da könnte ich dann jemanden einstellen, der sich statt meiner da hin hockt oder ich schicke einfach meinen Personal Blog Assistant >T.Bot. Das merkt doch eh keiner.   

Und hier zum Abschluss der Meeting-Woche noch etwas Musik:

Am I living in a box

Am I living in a cardboard box

Am I living in a box

Life goes in circles

Around and around circulating

I sometimes wonder

What’s moving underground

I’m escaping

I’ve found a way to break

Through this cellophane line

Cause I know what’s going on

In my own mind“

(C) Living in a Box

—> 320) Erfrischende Videokonferenzen – Vol 2

61) Forum Nervum

Irgendwie fehlt mir heute der Antrieb für die großen Themen der Zeit. Also komme ich mal wieder auf die nervenden Kleinigkeiten des Alltags zurück. Diese Kategorie hier auf’m Blog ist in den letzten Wochen etwas zu kurz gekommen.

Das Internet kann Fluch und Segen sein. Heute beginne ich kurz mit einem Segen, aber der Fluch lässt nicht lang auf sich warten.

Brauche ich mal einen praktischen Rat oder eine technische Hilfestellung, ist die große Video-Plattform eine gute Wahl. Wie stelle eine Fahrradschaltung ein? Wie zieht man eine Silikon-Fuge? Was tun bei einem platten Reifen? Großartig, die kurzen Videos möchte ich nicht missen.

Aber wehe man landet in einem Internet-Forum, in dem Menschen miteinander kommunizieren. Da beginnt dann schnell mein Fluchen. Verstehen sich zum Beispiel der Fernseher und Receiver nicht so recht und man hat großes Glück, findet man im Netz einen anderen Leidensgenossen. „Ich will meinen Panasonic-TV ABC-0815 über HDMI-ARC an den Teufel-Receiver 4711-XYZ anschließen, aber es kommt kein Ton an.“ steht dort. Mein Herz macht Freudensprünge, der hat das gleiche Problem wie ich und bestimmt auch die Lösung. Denkste.

Denn meistens liest man dann folgendes:

  1. Der Moderator: Bevor du die Frage stellst, schau doch erst mal im Forum nach. 🧐
  2. Der Schlaumeier: Also ich habe mir ja den Teufel 9876-UVW gekauft, da läuft alles bestens. 💪
  3. Der Granatwerfer: Probiere ein Reset und dann mach mal ein Firmware-Update. 💣
  4. Der Ingenieur: Löse alle Schrauben, nimm einen Spannungsmesser und prüfe an der MNO-Platine ob hinter dem Widerstands-Modul H noch ein Signal ankommt.🔧
  5. Der Weltretter: Also ich habe seit Jahren schon keinen Fernseher mehr, ich lese nur noch. 🦄

Oaaaaahh …. nerv. 😡

<— Weitere Kleinigkeiten mit Schlechte-Laune-Potenzial gibts hier

128) Corona-Lektionen 37

Nächste Woche beginnt die Schule hier wieder, mit Abstand und Maske, aber ohne sonstige Limitierung. Ob das wohl gut geht? Aber ehrlich, das ist eigentlich  alles bescherrschbar, da macht mir anderes mehr Sorgen. Und da sind wir schon beim Thema dieses Beitrags.

Die Demo letzten Samstag in Berlin wirkt immer noch in mir nach. Ich bin entsetzt und möchte daher heute über „Bilder“ nachdenken und wie sie Menschen beeinflussen können.

Dazu habe ich mir „Schulz“, einen durchschnittlichen Berliner ausgedacht. Schulz folgt den Corona-Maßnahmen zwar, ist aber auch etwas genervt davon. Aber lest selbst:

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Samstag wird eine Demo gegen die Corona-Maßnahmen stattfinden. Schulz kann sich nicht aufraffen dahin zu gehen. Er hat gehört, da gehen nur Rechtsradikale und Aluhut-Träger hin. Als Rechter will er im Fernsehen nicht gesehen werden, als Spinner schon gar nicht.

Also bleibt er zu Hause und macht sich über weitergeleitete Video-Schnipsel und Social Media sein eigenes Bild von der Welt da draußen.

Video 1: Das ganze System sei korrupt und lügt, rufen die Menschen da. Die Wahrheit läge woanders. Corona gäbe es gar nicht, alles sei nur Fake, die RKI-Daten wären gefälscht, der Staat wolle nur von seiner Pleite ablenken. Krisen-Gelder fließen in die Taschen von Oligarchen, beim kleinen Mann käme nichts an.

Schulz: Mhm, so habe ich das noch gar nicht betrachtet. Klingt irgendwie nachvollziehbar. Da könnte ja glatt was dran sein, ich kenne keinen der Corona hat.

Video 2: Das stehen Teilnehmer von Jung bis Alt, auch kleine Kinder sind dabei, Transparente sind zu sehen, Kostüme auch. Sogar aus anderen Bundesländern sind sie angereist. Kaum einer trägt eine Maske. „Kinder des Lichts“ werden die Demonstranten von der Bühne aus angesprochen. “Heute feiern wir einen neuen Nationalfeiertag“ ruft der Redner. Die Sonne scheint, es ist warm, Sommer in Berlin.

Schulz: Ach, schöne Atmosphäre dort im Tiergarten. So friedlich irgendwie. So einig. So gemeinsam. So überzeugend und irgendwie auch einfach.

Video 3: Die Leute sind eher normal gekleidet, es sind keine offensichtlich Rechtsradikalen zu sehen, keine Punks, keine Vermummten in schwarzen Klamotten, keine Islamisten, keine Junkies, keine Hooligans, keine Clans. Auch Steine oder Flaschen fliegen nicht.

Schulz: Na das sieht ja gar nicht so aggressiv aus, wie immer behauptet wird. Da muss ja echt was dran sein, wenn da so viele normale Bürger hingehen.

Video 4: Organisatoren hüpfen euphorisch durchs Bild und sprechen mal von 800.000, 1,8 Mio, 1,3 Mio Teilnehmern. Die Frage aus dem Off, woher denn die Info käme, wird von einer anderen Stimme aus dem Off beantwortet: „Kam gerade rein, is‘ offiziell“.

Schulz: Also wenn das offiziell wirklich schon 1,3 Million sind? Da muss ja was dran sein. Das scheint ja echt ein kommende Bewegung zu sein. Die können ja nicht alle irren.

Video 5: Eine Bildmontage fängt die verschiedenen Rufe der Demonstranten ein. „Lügen-Presse“, „Kamera aus“, „Wir bleiben hier“, „Schämt euch“, „Sagt die Wahrheit“ und „Wir sind das Volk“.

Schulz: Ja also wenn das so ist. Ich bin ja auch „das Volk“. Kein Zweifel. Die Wahrheit muss endlich ans Licht.

Die Demo wird am Nachmittag aufgelöst. Am Samstag-Abend zappt Schulz durch die TV-Programme und streift kurz die Nachrichten. RTL berichtet von 20.000 Teilnehmern, ARD von 17.000. ARD spricht über eine bunte Mischung aus Rechtsgesinnten, Esoterikern, Impfgegnern, Corona-Leugnern und Verschwörungstheoritkern. RTL hält sich da etwas zurück.

Schulz: Kann ja alles nich‘ sein. Das war ganz anders. Es waren 1,3 Millionen und ganz vernünftige Leute da. Ich habe es ja selbst gesehen. Fake News! Lügen-Presse!

Ende

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Kommentar des Verfassers:

Liebe Leser, der oben beschriebene Ablauf ist konstruiert, ohne Frage, aber ich habe mir selber einige Video-Schnipsel seitens der Teilnehmerschaft angesehen und es ist sehr nahe dran. Am Montag habe ich auch den 30 minütigen Rundgang durch das ZDF-Team (wohlgemerkt ohne Schnitt !) gesehen. Ich kann nur raten sich das mal anzusehen. Ich bin heilfroh, dass wir solch eine bunte Medien-Landschaft haben. Gefällt mir nicht immer, muss es aber auch nicht. Aber es gibt dort Immerhin gut recherchierte und durch Fakten abgesicherte Berichte und eben nicht nur aus dem Zusammenhang gerissene Video-Schnipsel im Internet.

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54) CCTV – bitte lächeln

Wer mit offenen Augen durch Flughäfen, U-Bahnen und Supermärkte geht, wird immer mehr Video-Überwachung wahrnehmen.

Selbiges Erlebnis folgt auf öffentlichen Plätzen, Tankstellen, Bahnhöfen oder am Rande von Baustellen. Man kann auch CCTV dazu sagen. Klingt niedlicher. Nun will ich hier keine Diskussion vom Zaun brechen und schon gar nicht Hardliner der konträren Lager an den schreib.blog bitten. Nein, dass will ich nicht, ich werde mich auch nicht daran beteiligen. Ich stelle nur für mich fest, was ich beobachte und dabei fühle.

  • Ja, in manchen Situationen beruhigen mich diese elektronischen Augen. Zum Beispiel abends, unterwegs mit den öffentlichen Verkehrsmitteln oder zu Fuß in bestimmen Ecken Berlins, wo man nur schnell vorbei will. WO?
  • Aber dann ist ja in diesem Moment nicht nur meine Visage festgehalten, sondern eben auch Situationen. Und zu diesen Situationen gehören auch andere Menschen wie Familien, Kollegen oder Freunde. WER?
  • Zusätzlich zu den zwischenmenschlichen Beziehungen des Moments, kommen meine Emotionen, Verhalten, Macken, Ticks, Vorlieben und Routinen auf die Festplatte des großen Bruders. WIE?
  • Dazu noch die Tätigkeit, die ich in dem Moment der Aufnahme eben so tue. Welches Buch ich lese, ob ich mir an der Bar ein Bier bestelle oder mir einfach nur mal am Hintern kratze. WAS?
  • Und letztlich kommen noch all die quantitativen Daten wie Überweisungen, Kontostände, Treuepunkte, Herzen, Meilen, Kilo, Schritte und Stockwerke hinzu. WIEVIEL?

Jedes „W“ für sich allein, scheint für uns zunächst entbehrlich. Da kann man gern sagen, „scheiß drauf … ich habe nichts zu verbergen … sollen die das doch wissen“. Wenn ich doch aber nichts Böses im Schilde führe, frage ich mich … WARUM?

PS: Liebe Leser, das Thema polarisiert vermutlich. Persönliche Kommentare sind gern gesehen, aber verschont mich mit Zitaten aus Wahlprogrammen von Links, Rechts, Oben, Unten, Blau oder Gelb 😉

22) Social Credit System

Ich habe neulich einem Podcast zugehört, beim dem ging es um das Social Credit System, welches aktuell in China aufgebaut wird.

Offiziell will man die Moral in der Gesellschaft heben, mehr Ordnung und bessere Menschen schaffen. So habe ich das zumindest verstanden.

Was passiert da?

Für gutes Benehmen, vergibt eine App fortan Punkte, für schlechtes Verhalten kassiert sie wieder Punkte ein. Was gut oder schlecht ist, entscheidet aber nicht die Gesellschaft sondern der Betreiber. Also der Staat. Und damit das nicht so umständlich läuft, wie das Kleben von Konsum-Marken, werden Stück für Stück andere IT-Plattformen angebunden und melden gute wie schlechte Taten an die App. Kameras im öffentlichen Raum decken immer mehr Fläche ab und dokumentieren das Verhalten. Gesichts-Erkennung ist völlig normal, von der Gang-Erkennung verspricht man sich noch viel mehr Zuverlässigkeit. Vorbildlich lebende Menschen werden in höchsten Tönen gelobt, Petzen und Anschmieren von anderen Menschen ist vorprogrammiert. Vielleicht bekommt man da sogar noch Punkte dazu? Durch dieses Meer von Daten lassen sich auch super-easy Sanktionen gegen Kritiker umsetzen, deren Punktestand vermutlich dauerhaft in den Miesen ist. Deren Accounts kann man sperren, Mobilität und Kommunikation einschränken und sogar die Bezahl-App austrocknen, ohne die künftig kaum noch etwas funktioniert.

Das muss man sich mal für unseren Alltag vorstellen:

  • Alles, was wir heute schon selber freiwillig sammeln (z.B. Kilometer, Stockwerke, Kilogramm, Meilen, Payback-Punkte, Treueherzen usw.) wird direkt an diese App übermittelt. Und zwar nicht die Punkte, sondern die Rohdaten. Ein wahrer Schatz. Die Punkte vergibt dann die Social Credit App. Der Maßstab kann beliebig angepasst werden. 
  • Alle elektronischen Zutrittssysteme und Mitgliedschaften melden unsere Bewegungen (z.B. Schwimmhalle, Fitness-Center, Fluggesellschaften, Car-Sharing, Navi, Schmuddel-Video-Shop und Massage-Extase-Oase). Das ist Grundvoraussetzung für deren Gewerbe-Erlaubnis.
  • Für „vorbildliches Verhalten“ gibts künftig Punkte von Vater Staat. Wenn man die StVO exakt befolgt, Organ-Spender ist, Sonntags in die Kirche geht und sich alle drei Jahre einen nagelneues deutsches Auto kauft. Taucht man auf einer Demo oder auf dem Volksfest einer Partei auf, kommt’s drauf an bei wem. Bonus oder Malus. Je nachdem wer gerade regiert.
  • All das gegenteilige „schlechte Verhalten“ wird sofort in Abzug gebracht. Versäumte Schulhof-Feste werden von der Power-Eltern-App gemeldet. Zu viel Screentime kommt von der Streaming-Plattform. Kritische Inhalte auf Blogs, führen bereits zu Punkt-Abzug, noch bevor man den „Veröffentlichen“-Button gedrückt hat.
  • Bei jedem Abruf einer privaten oder staatlichen Leistung, bei jedem Event, bei Bewerbung und auch beim Online-Dating muss man künftig seinen Punktestand ausweisen. Je nachdem wie es um diesen bestellt ist, bleibt man draußen oder man muss das oder den nehmen, der übrig bleibt.
  • Findige Streber mit Geschäftssinn werden ihre Punkte-Überschüsse verkaufen und damit steinreich werden, da Menschen mit wenigen Punkten ihren Wucher-Bedingungen chancenlos ausgeliefert sind
  • Mit dem Renten-Eintrittsalter werden nicht nur die Rentenpunkte gezählt, sondern auch der „Final Lifetime Social Score“ beim Social Credit System ermittelt und gegengerechnet. Das Ergebnis bestimmt die Höhe der Grundrente, die Güteklasse und Location des Altenheims und die Form der Bestattung. Senator oder Holzklasse?

Ein Cocktail aus Orwells „1984“ und Hollywoods „In time“.

Gruselig.

1) Verrückte Welt-Intro

Seit einem halben Jahr nun, veröffentliche ich meine Gedanken, Erlebnisse und Kurzgeschichten hier auf meinem schreib-blog. Im Juli 2018 begann ich diesen Blog mit seiner ersten Kategorie „Metropolen-Egoismus und andere Aufregbarkeiten“. Ursprünglich mal als Papier-Buch gedacht, schlummerten die ersten 20 Artikel schon längere Zeit auf meinem Rechner. Also verwendete ich die Beiträge quasi als „Kanonen-Futter“, um die Blog-Welt für mich zu erschließen. Mittlerweile sind daraus knapp 40 Beiträge geworden. Menschen und Organisationen lieferten immer genug Nachschub, über den ich mich auslassen konnte. Traurig eigentlich, oder? Vermutlich wird da noch mehr kommen. Wenn man aber über das tägliche Miteinander und seine Unzulänglichkeiten schreibt, kann man dabei ganz schnell schlechte Laune bekommen. Es musste also etwas unterhaltsameres her, was meine Stimmung wieder etwas anhebt. Quasi als Gegengewicht zum Mecker-Kanal. Damit war die zweite Kategorie geboren. Ich nannte sie „Kleinigkeiten mit Schlechte-Laune-Potenzial“. Sie trägt zwar die „schlechte Laune“ ganz offensichtlich im Namen, soll aber eigentlich das genaue Gegenteil bewirken: Mich kurz über Dinge des Alltags aufregen und dann zügig erkennen, dass es sich eben nur um unwichtige Kleinigkeiten handelt, die gar nicht soviel Energie wert sind. Im besten Fall bleibt ein Schmunzeln zurück, eine Priese Humor vielleicht, aber kein Frust. Auch diese Kategorie umfasst nun schon 33 Beiträge. Beide Kategorien sind aber nun mal sehr textintensiv, es fehlte noch etwas „Buntes“, etwas zum Anschauen und zum Blättern. Somit war meine dritte Kategorie „Postkarten“ im Oktober geboren. Ich liebe das Reisen, wollte aber in dem Blog nicht jeden Stein, jede Kirche oder Tempel von unterwegs beschreiben. Das machen andere Reise-Blogger viel besser als ich. Ein paar Fotos und Kurztexte im Postkarten-Stil schienen mir da schon eher geeignet. Gern gewürzt mit einigen Skurrilitäten oder Nachdenklichkeiten im Kontext der Reise, die sonst im Touristik-Marketing zu kurz kommen. Und nun? Wie geht es in 2019 weiter? Einfach weiter so? Mhm… ich will nicht immer nur auf Mitmenschen und Organisationen schimpfen oder eigene Missgeschicke ans Tageslicht zerren, über die man schmunzeln kann. Ich kann auch gar nicht so oft reisen, um regelmäßige neue elektronische Postkarten verschicken zu können. Unsere neue Welt bietet aber noch so viel mehr Stoff, zu dem ich meinen Senf hinzugeben möchte. So viele neue Entwicklungen erreichen unsere Aufmerksamkeit. Jeden Tag. Da sind neue Technologien, Lebensarten oder Verhaltensweisen. Sie fallen vom Himmel und bestimmen fortan unseren Alltag. Dafür richte ich eine neue Kategorie ein.

Und hier ist sie schon: Ich nenne sie „Verrückte Welt“. 

Das scheint mir ein geeigneter Titel dafür zu sein. Nun ja, ich weiß. Es gab schon Bücher und Filme mit diesem Titel oder ganz ähnlichen Wortspielen. Na und? Wenn die Welt nun mal so verrückt ist? Wie sollte ich sie sonst nennen?

Mit diesem kurzen Rückblick und Ausblick, nähern wir uns dem Ende von 2018 und freue mich schon auf 2019 und die neue Kategorie.

Einen guten Rutsch an alle Leser (… falls ich mich nicht noch einmal vorher melde 😉