440) Brace-Brace zum Weißweingeschnatter

06:00 Uhr in der Frühe, wir lassen uns auf unseren Plätzen nieder. Aua. Das wird kein Vergnügen, das sind keine Sitze, dass sind Plastik-Bretter mit Stoffbezug. Ich Schlau-Fuchs habe mir ja extra ein schmales Kissen für diesen Zweck besorgt. Aber wie ich es auch knautsche, es ist einfach zu prall gefüllt, ich sitze nicht gut, das merke ich sofort.

Merke: Flocken rausnehmen.

Einige Familien und Paare in der Kabine scheinen sich zu kennen, fliegen gemeinsam zum Ziel. Hochzeit, Geburtstag irgend solch ein Anlass, alle sind aufgeregt. Die Damen unter ihnen, sind für die Uhrzeit alle ganz schön aufgetackelt. Sagt man das so? Sie haben einen Tuschkasten im Gesicht und manche wirken frisch renoviert und neu gespannt, als kämen sie gerade von der Schönheits-OP.

Merke: Stehe zu deinen Falten.

Alle Fluggäste scheinen an Board zu sein, es kann losgehen. In Reihe 2 vor uns ist noch auffällig viel Platz, da stolpert noch eine Familie für den Reisen-Verbund durch die Tür. Ganz außer Atem mit viel Getöse, stehen sie nun mit ihren vier Koffern im Gang und glotzen die geschlossenen Overhead-Locker und den Percer fragend an. „Sie trauen sich was, kommen so spät und dann mit soviel Gepäck“, tut er scherzhaft, meint es aber ernst…haft. „Ähä … die Pässe …“, gackert die Mutter des Haushalts und hat die Hände voller Gebäck … in Tüten.

Merke 1: Sammle deinen Scheiß weiterhin am Abend zuvor zusammen.
Merke 2: Plane immer etwas Reserve ein. Für den Bäcker … oder so.

Die Botox-Gänse in Reihe 1 und 2 tauschen die Plätze, damit es sich leichter schnattern lässt. Mietwagen, Wetter, Hotel, Preisvergleiche … ich stopfe die Kopfhörer in die Ohren und drehe die Musik lauter. Nach zwei Stunden kommen noch weitere Gänse aus den hinteren Reihen angeflogen und gesellen sich zur Schnatterschar. „Wir wollten euch doch mal hier in der ersten Klasse besuchen … ha ha … glucks …quieck … gacker.“ Das ist nicht die erste Klasse, man! Das ist die Plastik-Klasse und man sitzt hier wir auf den Klappsitzen der Berliner S-Bahn.

Merke: Steißknochen entfernen lassen (… wollte >ich schon einmal machen, dann aber wieder vergessen).

Das blond gefärbte Federvieh hat viel Gesprächsbedarf. Die Müdigkeit scheint vergessen. Gegen 08:30 Uhr kommt eine Gans auf die Idee, eine Runde Perlwasser zu schmeißen. „Sekt, Rosé, weiß? Manuela? Und du? Manja? Darf man denn schon? Ach is’ doch egal. Janine? Claudia? Du auch?“ Man, bestellt euch lieber eine Flasche Rotwein, dann ist hier bald Ruhe! Die Kabinenbesatzung macht den Umsatz des Tages und das Geplapper dringt immer noch in meine Gehörgänge.

Merke: Neue Kopfhörer kaufen. Solche für Hubschrauberpiloten oder Baustellenpersonal.

Jose der Flugbegleiter … und neuerdings auch Weinverkäufer … wird gebeten, ein Foto von der Gacker-Runde zu machen. Da ich in Reihe 3 sitze, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass mein hübsches Faltengesicht mit darauf zu sehen ist. „Da können wir ja eine WhatsApp-Gruppe anlegen und dann all die Fotos … oh ja … tolle Idee Maria.“ Ich nehme freiwillig die Brace-Brace-Position ein und verschwinde hinter der Sitzreihe 2. Ich will nicht in ihrer WhatsApp-Gruppe zu sehen sein.

Merke: Beim nächsten Mal besser Basecap, Sonnenbrille einpacken und den 5-Tage-Bart auf 10-Tage reifen lassen.

„Ach … ich kriege ja schon aufsteigende Hitze … hi hi … ihr auch?“
„Ich verschwinde noch mal.“
„Ich geh‘ dann auch noch.“
„Oh ja, gute Idee.“
„Ich auch.“

 

Leider können die im Flieger nicht zusammen verschwinden.

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18 Kommentare zu „440) Brace-Brace zum Weißweingeschnatter

    1. Nee, keine Diensreisen, die Firmen. Wollen wir am liebsten alles nur noch virtuell machen. Also muss man seine Reisen selber organisieren und finanzieren;-)

      1. Ach Belana Hermine, drei mal darfst du raten, wer sich heute auf dem Rückflug bei Reihe 4 versammelt hat …
        Kein Witz

      2. … und die eine fuhr sogar noch ein Stück mit der S-Bahn mit. Was bin ich froh, wieder im sicheren Höhlen-Office zu sein 😉

  1. Schon gar nicht schlecht – aber: Deine Gänse können auf gar keinen Fall mit den jungen Jungs, die vor drei Wochen an dem Autobahn-Rasthaus-Tisch hinter meinem Mann und mir Platz genommen hatten, „mithalten“. Da mein Mann mir gegenüber saß, war das Vergnügen ganz allein meines, an den ersten ausländischen Bordell-Erfahrungen der Beiden teilhaben zu dürfen. In wirklich ausgesprochen gepflegter Ausdrucksweise wurden die Erlebnisse und besonders ausführlich die verhindernden Gründe für die Nichterlebnisse bei einem Riesenschnitzel ausgetauscht. Überhaupt wurde das anscheinend allzu großzügige Entgegenkommen der Damenwelt an sich – und die doch nötigen Einhaltungen gewisser Abläufe/Schrittfolgen – um gewisse Leistungserfolge abliefern zu können, diskutiert. Im wahrsten Sinne „HERRlich“ amüsant 😉

      1. ….Einzelheiten sind nicht wirklich Blog-geeignet 😉 War aber wirklich zum Quitschen 🤭

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