Für die letzten drei Tage hatte es mich nach München verschlagen und damit wieder mal in die Bahn, in ein Hotel und ein Bürogebäude. Also solch ein Haus mit vielen Räumen und Tischen drin. Ihr wisst schon.
Aber der Reihe nach.…
Ich hatte den 06:00 Uhr-Zug gewählt und war zunächst fast allein auf dem Bahnsteig. Dachte schon es ist Sonntag statt Montag und ich wäre umsonst so früh aufgestanden. Aber es folgten dann auch noch andere Fahrgäste und wir stiegen ein.
Wagen 29 sei bitte nicht zu nutzen, heißt es über die Lautsprecher. Denn der ist defekt. Gäste aus Wagen 29 (dummerweise 1. Klasse), sollen bitte Wagen 28 nutzen und Gäste der 2. Klasse aus Wagen 28 ohne Platzkarte sollen sich bitte „anderweitig umsehen“. Den Rest kann man sich denken. Wieso ist ein Wagen der gerade aus dem Depot kommt schon bei Bereitstellung kaputt?
Und weil Wagen 29 defekt bleibt, kann der ganze Zug nur mit geringerer Geschwindigkeit fahren, weshalb sich eine Verspätung aufbaut. Logisch. Aber immerhin rollen wir und ich kann „in Ruhe“ arbeiten.
Auf der anderen Fenster-Seite sitzt ein Typ und knabberte Reiskekse. Laut. Und er knurpselt die nicht wie ein Hamster (knurps…knurps…knurps), nein er beißt lautstark ab. Eher wie der weiße Hai oder das Krümelmonster. „Happ!“ Pause. „Happ!“ Pause. „Happ!“ Der macht mich irre der Typ!! Kopfhörer lauter.
Ein paar Reihen hinter mir telefoniert eine Dame. Und zwar dienstlich, deutlich zu hören. Und sie hat immer noch nicht kapiert, dass Mobilfunk nicht unbedingt besser wird, wenn man ins Handy brüllt und damit alle anderen Fahrgäste nervt. Ich will das auch alles gar nicht wissen. Ich habe genügend eigene Baustellen! Kopfhörer noch lauter.
In Erfurt muss Wagen 29 von Fachpersonal untersucht werden, über die Lautsprecher kommt die Info, dass auf einem anderen Gleis demnächst noch ein anderer Zug nach München fährt, der kommt zwar erst später in Erfurt an, „könnte aber die bessere Wahl“ sein. Könnte? Ist? Ich wechsele in den anderen Zug. Jegliche Bewegung aufs Ziel hin, ist besser als Stillstand mit ungewissem Ausgang.
Eine (Ehe)frau im anderen Zug macht ihrem (Ehe)Mann eine Szene, so was habe ich in der Öffentlichkeit noch nicht erlebt.“Christian, das ist das Allerletzte, Christian.“ „Das ist so widerwärtig Christian“. „Ich bin so enttäuscht Christian“. Christian. Christian. Christian. „Sollen die das alle hören hier Christian“. „Christian, du musst dir was vorwerfen, nicht ich“. „Das ist mir scheißegal Christian.“ Na hoffentlich geht die dem Christian nicht noch an die Gurgel. Dann halten wir wohl noch auf freier Strecke und ich kann meinen Workshop vergessen. Man Christian, jetzt kläre das gefälligst! Das kann ja keiner mit anhören. Mir klingen die Ohren, meine Kopfhörer sind am Limit.
Im Workshop nimmt eine Kollegin teil, die gern viel redet. Wirklich eine herzensgute Person. Aber eben reich an Worten und für mich, der sonst eher zu Hause arbeitet und im ICE schon akustisch gestresst war, echt zu viel. Too much info, too much noise.
Abends setze mich an die Bar. Verziehe mich in die hinterste Ecke. Ich, ein Bierchen und mein Tablet. Großartiger Ausklang eines Tages. Aber auch hier ist nichts mit Ruhe. Neben mir sitzt ein Inder (würde ich sagen) der bald mit der Heimat telefoniert. Per Video und Lautsprecher.
Zum Frühstück an Tag 2 bin ich einer der ersten, ich mag morgendliche Einsamkeit. Aber eine chinesische Reisegruppe muss auch früh raus. Und einer von ihnen, steht mitten auf der Buffet-Insel, niesst 4 mal kräftig in die Handfläche und bedient sich dann am Buffet. Guten Appetit. Rührei gefällig? Nee, danke, ich schaue mich nur etwas um.
Nun geht‘s wieder nach Hause. Reicht erst einmal wieder an persönlichen Kontakten … muss erst einmal ins Abklingbecken und mich vom Sozializing erholen 😉
Schönen Abend.