433) Rückkehr ins Büro – Teil 9

Für die letzten drei Tage hatte es mich nach München verschlagen und damit wieder mal in die Bahn, in ein Hotel und ein Bürogebäude. Also solch ein Haus mit vielen Räumen und Tischen drin. Ihr wisst schon.

Aber der Reihe nach.…

Ich hatte den 06:00 Uhr-Zug gewählt und war zunächst fast allein auf dem Bahnsteig. Dachte schon es ist Sonntag statt Montag und ich wäre umsonst so früh aufgestanden. Aber es folgten dann auch noch andere Fahrgäste und wir stiegen ein.

Wagen 29 sei bitte nicht zu nutzen, heißt es über die Lautsprecher. Denn der ist defekt. Gäste aus Wagen 29 (dummerweise 1. Klasse), sollen bitte Wagen 28 nutzen und Gäste der 2. Klasse aus Wagen 28 ohne Platzkarte sollen sich bitte „anderweitig umsehen“. Den Rest kann man sich denken. Wieso ist ein Wagen der gerade aus dem Depot kommt schon bei Bereitstellung kaputt?

Und weil Wagen 29 defekt bleibt, kann der ganze Zug nur mit geringerer Geschwindigkeit fahren, weshalb sich eine Verspätung aufbaut. Logisch. Aber immerhin rollen wir und ich kann „in Ruhe“ arbeiten.

Auf der anderen Fenster-Seite sitzt ein Typ und knabberte Reiskekse. Laut. Und er knurpselt die nicht wie ein Hamster (knurps…knurps…knurps), nein er beißt lautstark ab. Eher wie der weiße Hai oder das Krümelmonster. „Happ!“ Pause. „Happ!“ Pause. „Happ!“ Der macht mich irre der Typ!! Kopfhörer lauter.

Ein paar Reihen hinter mir telefoniert eine Dame. Und zwar dienstlich, deutlich zu hören. Und sie hat immer noch nicht kapiert, dass Mobilfunk nicht unbedingt besser wird, wenn man ins Handy brüllt und damit alle anderen Fahrgäste nervt. Ich will das auch alles gar nicht wissen. Ich habe genügend eigene Baustellen! Kopfhörer noch lauter.

In Erfurt muss Wagen 29 von Fachpersonal untersucht werden, über die Lautsprecher kommt die Info, dass auf einem anderen Gleis demnächst noch ein anderer Zug nach München fährt, der kommt zwar erst später in Erfurt an, „könnte aber die bessere Wahl“ sein. Könnte? Ist? Ich wechsele in den anderen Zug. Jegliche Bewegung aufs Ziel hin, ist besser als Stillstand mit ungewissem Ausgang.

Eine (Ehe)frau im anderen Zug macht ihrem (Ehe)Mann eine Szene, so was habe ich in der Öffentlichkeit noch nicht erlebt.“Christian, das ist das Allerletzte, Christian.“ „Das ist so widerwärtig Christian“. „Ich bin so enttäuscht Christian“. Christian. Christian. Christian. „Sollen die das alle hören hier Christian“. „Christian, du musst dir was vorwerfen, nicht ich“. „Das ist mir scheißegal Christian.“ Na hoffentlich geht die dem Christian nicht noch an die Gurgel. Dann halten wir wohl noch auf freier Strecke und ich kann meinen Workshop vergessen. Man Christian, jetzt kläre das gefälligst! Das kann ja keiner mit anhören. Mir klingen die Ohren, meine Kopfhörer sind am Limit.

Im Workshop nimmt eine Kollegin teil, die gern viel redet. Wirklich eine herzensgute Person. Aber eben reich an Worten und für mich, der sonst eher zu Hause arbeitet und im ICE schon akustisch gestresst war, echt zu viel. Too much info, too much noise.

Abends setze mich an die Bar. Verziehe mich in die hinterste Ecke. Ich, ein Bierchen und mein Tablet. Großartiger Ausklang eines Tages. Aber auch hier ist nichts mit Ruhe. Neben mir sitzt ein Inder (würde ich sagen) der bald mit der Heimat telefoniert. Per Video und Lautsprecher. 

Zum Frühstück an Tag 2 bin ich einer der ersten, ich mag morgendliche Einsamkeit. Aber eine chinesische Reisegruppe muss auch früh raus. Und einer von ihnen, steht mitten auf der Buffet-Insel, niesst 4 mal kräftig in die Handfläche und bedient sich dann am Buffet. Guten Appetit. Rührei gefällig? Nee, danke, ich schaue mich nur etwas um.

Nun geht‘s wieder nach Hause. Reicht erst einmal wieder an persönlichen Kontakten … muss erst einmal ins Abklingbecken und mich vom Sozializing erholen 😉

Schönen Abend.

<— 386) Rückkehr ins Büro – Teil 8

409) Tiny Room

Die Wohnungssituation in Berlin wird angespannter. Die Annoncen, Gesuche und Gebote werden immer aberwitziger. Mehr dazu demnächst hier auf dem Kanal. Und was nun?

Tja, dagegen kann man eigentlich nur …

  • Neue Häuser bauen …dauert aber nun mal
  • Bestandsbauten umwidmen … nicht unbedingt schneller
  • Enger zusammenrücken … 😉

Einen Vorgeschmack darauf bekam ich Anfang der Woche in München. Mein Hotel-Zimmer war so winzig, so ähnlich muss sich wohl Einzelhaft anfühlen oder ein Urlaub im Wohnmobil. Und es war sogar noch als Doppelzimmer verkauft worden. 

Trotz durchschnittlichem BMI musste ich echt überlegen, wie ich mich durchs Zimmer bewege, was ich wo abstelle, um nicht permanent drüber zu stolpern. Die Inneneinrichter … Einrichterinnen … (was für ein grandioses Wortspiel) … hatten sich auch entsprechende Gedanken gemacht. Einen Spiegel gab es nur an der Innenseite der Schranktür. Ein wirklich flacher Flat-TV hing an der Wand … mit üblem Plastiksound allerdings. Der TV hatte auch eine Fernbedienung, die brauchte man aber eigentlich nicht, ich hätte das Gerät aus dem Bett heraus mit dem großen Zeh einschalten können. 

Zum Bad ging es durch eine Schiebetür, die aber versperrt war, wenn man sich mal im Spiegel der Schranktür betrachten wollte. Am Waschbecken gab’s keinen Seifenspender, aber immerhin war einen Spender in der Duschkabine hinter (!) der nach innen öffnenden Flügeltüre. Das Klo stand quasi am Waschbecken, man konnte Klo-Besuch und Zähneputzen in einer Arbeitsgang erledigen, Effizienz-Junkies würde es erfreuen.

Also Leute klagt nicht, rutscht enger zusammen, das können die in Dharavi (Mumbai) schließlich auch!

So ich muss jetzt mal weiter, die Kinder suchen … wo sind die nur? Hatte ich die heute Morgen im West-Flügel gesehen? Oder in der Empfangshalle? Im Salon? Weiß nicht mehr. Vielleicht im Schwimmbad oder in der Bibliothek … nee. Im Gartenhaus, am Bootssteg? Bei den Ställen? Bei den Garagen?

Ach man, das kann sich ja keiner merken 😉

65) Kissenschlacht

Wie man sich bettet so liegt man, heißt es so schön. In der eigenen Höhle geht das vermutlich ganz gut, auf Reisen aber … na ja … comme ci comme ça … so la la.

Heute soll es mal ums Kissen gehen.

Denn da gibt es solche und solche, man könnte schon fast ein Buch drüber schreiben. Aber fangen wir mal klein an…

Modell Bordsteinkante
Manche Kissen sind so fest, kantig und stabil, man glaubt man liegt auf einem Duden oder einer Bordsteinkante statt in einem kuscheligen Bett

Modell Luftnummer
Dann gibt es welche, die sehen eigentlich ganz fluffig aus, aber kaum legt man sein müdes Haupt danieder, entströmt mit leisen Rauschen all die ganz Luft und es fühlt sich, als läge man direkt auf der Matratze.

Modell Frau Holle
Ein riesiger Stoff-Berg liegt am Kopfende des Bettes, so dass man sich fragen kann, ob da überhaupt noch Platz ist für eine Durchschnitts-Birne. Lässt man da aber die Rübe hineinsinken, klappt das Kissen links und rechts die Flügel hoch und man sieht seine/n Bettnachbar:/_In nicht mehr.

Modell Irokese
Etwas kleiner als das Modell Frau Holle (… muss ich hier eigentlich auch noch Herrn Holle erwähnen … 😉 ), verschiebt es die Füllung nicht zur Seite, sondern eher nach oben. Da wo der Kopf liegt, ist es platt wie ein Crêpe. Über dem Kopf türmt sich aber ein stattlicher Hügel, was am Morgen zu abstehenden Haaren führt.

Modell Veggie
Dann gibt es noch Leute die packen Hirse, Dinkel und anderes Frühstück in die Kissen. Man schläft dann quasi in seiner Cornflakes Schale und kann mit einem Schuss Milch gleich zum Breakfast übergehen, ohne auch nur das Bett zu verlassen. Praktisch.

Nach einer kurzen Recherche bei einem Deutschen Versandhändler, finde ich dort 1.383 Kissen!! Oh je … wir sollten Schluss machen für heute. 

Andere Beiträge zum Übernachten in der Ferne

208) Corona-Lektionen 88

Ich habe meine 64. oder 65. Höhlen-Office-Woche abgeschlossen. Genau kann ich es gar nicht sagen, ich habe auch keine Lust die Wochen noch einmal genau abzuzählen. Is’ ja eigentlich auch Wurst. Im besten Falle gegrillt, denn das Wetter ist bombig.

Mathe:
In den letzten Monaten haben wir alle ungewollt Auffrischung in Mathe bekommen. Entweder weil wir unserer Brut die Bruchrechnung, Flächen und-Volumenberechnung erklärt haben oder selber endlich das exponentielle Wachstum verstanden haben. Kaum gibt’s mal ein Beispiel aus der Praxis, schon geht’s doch. Aktuell erleben wir das Gegenteil von exponentiellem Wachstum. Wie nennt sich das eigentlich? Exponentielle Schrumpfung? Meine Güte, is’ ja ekelhaft. Das klingt ja wie eine Krankheit. Guten Tag Herr Doktor, ich glaube ich habe exponentielle Schrumpfung. „Na, dann machen Sie sich mal frei.“

Kurve:
Die Kurve wird nicht nur allmählich „flat“, nein sie fällt deutlich und man kann es kaum glauben. Wäre es der DAX stünden wir vor dem Herzinfarkt, wäre es der eigene Puls, erschiene ein helles Licht und ein Notarzt würde „Bitte treten Sie zurück“ rufen. Was gibt’s sonst noch so für Kurven, deren Fallen uns Deutsche so verzücken? Arbeitslosenzahlen? Bratwurstpreise? Überstunden? Bierpreise? Mieten? Super?

Freiheit:
Ungeahnte Dinge werden auf einmal möglich. Biergärten, Kneipen und sogar Hotels reissen die Dornenbüsche von den Toren und gewähren dem Volk mit Begehr testfreien Einlass. Am Himmel sehe ich mehrere Kondensstreifen kreuz und quer gezogen. Sind das Eingewöhnungsflüge der Piloten oder fliegen Menschen schon wieder durch die Gegend? Aus München erreichen mich Bilder vom überfüllten Marienplatz, die Menschen alle oben ohne. Und was mache ich nun mit dieser Freiheit? Was essen gehen? Ein bisschen shoppen? Nach einem halben Jahr mal wieder in den Baumarkt fahren?

Ich bin völlig überfordert!

Bei der Gelegenheit erinnere ich gern an meinen Beitrag > Postpandemische Belastungsstörung am 14. Juni 2020 geschrieben, aus der Sicht von heute. Lesen! Is’ jut.

Schönen Sonntag
T.

<— Corona-Lektionen 87

–> Corona-Lektionen 89

113) Dienstreisen BC – Teil 3

<— hier geht’s zu Teil 2

Tja … und irgendwann war man dann halt eingeschlafen. Im Hotelbett. Ganz allein. Damals, vor Corona, als wir noch reisen durften, unser müdes Haupt auf zu dünne oder dicke Kissen legten und der Fernseher die halbe Nacht durch lief.

Und weiter geht‘s:

06:15 Uhr: Entweder klingelt der Wecker im Handy, Koffer poltern über den Flur oder die Sonne scheint durch den zu knappen Vorhang. Man wird wach. Aufstehen, wieder über diese doofe Dusche schimpfen, einen Fön suchen und sich fragen, wie man den Dreck des Vortags von den Schuhen bekommt

06:45 Uhr: Hinunter zum Frühstück, Zimmer-Nummer ansagen, Platz suchen, Kaffee besorgen, Rührei, Brötchen organisieren und Joghurt mit Obst fürs reine Gewissen. Ein Fremder will sich gegenüber setzen und eine Chinesische Reisegruppe stürmt das Buffet (… beides undenkbar heute oder?)

07:15 Uhr: Wieder rauf aufs Zimmer, fertig machen, Klamotten packen, Koffer und Tasche schnappen und dann zum Checkout. Anstehen, zum 100-sten Mal die Rechnungsadresse diktieren, fremde Kugelschreiber anfassen (… pfuiiii!) und dann Abmarsch zur Bahn.

07:30 Uhr: Irgendeine U-Bahn-Linie ist ausgefallen. Gedränge am Bahnsteig, dicht an dicht (… widerlich). Endlich kommt eine Bahn, alle rein da. Egal wie. Muss irgendwie gehen. Gegebenenfalls schieben, aufrücken, pressen und dichter zusammenrücken. „Hatschi!“. Gesundheit!  (…ekelig!)

08:15 Uhr: Ankunft im Office, Meeting vorbereiten, Teilnehmer begrüßen und dann die Agenda durchziehen wie geplant. Auf jeden Fall immer auf die Uhr trommeln, denn spätestens 16:20 Uhr muss ich den Hof verlassen, um meinen Flieger zu erreichen.

16:20 Uhr: So Leute, Tschüss, muss los! Hände schütteln, Schulter klopfen (… spread, spread, schmier, schmier …). Jetzt aber flott. Die Ernüchterung folgt am Ostbahnhof. Ein Vorfall auf der Strecke. Soll ich der alternativen Streckenempfehlung folgen, ein Taxi mit vier anderen teilen (… no way!) oder einfach abwarten? Jedes Mal eine kleine Lotterie. Egal was man macht, man hätte es auch anders machen können.

Im besten Falle erreicht man seinen Flieger und ist erst einmal happy. Bei Ankunft warten die nächsten Überraschungen.  Aber lest selbst.

Zu Erinnerung hier ein paar passende Beiträge aus alten Zeiten:

 

Ende der Serie

112) Dienstreisen BC – Teil 2

<— Hier geht’s zu Teil 1

Tja und dann liebe Kinder … dann war man halt irgendwann da. Ganz einfach. Der Zug fuhr am Zielbahnhof ein oder man krachte auf eine Landebahn und wurde in die Gurte gepresst. So war das damals. Damals vor Corona. Als wir noch auf Dienstreisen waren, um Kollegen zu treffen. So richtig treffen. Ja stellt euch das mal vor.

Und weiter geht‘s:

08:00 Uhr: Jacke schnappen, Tasche greifen, Koffer holen, warten, warten, Ausgang suchen, manchmal Passkontrolle, vielleicht noch Geld wechseln, Bahn suchen, Taxi suchen und irgendwie durchschlagen. (All die Haltestangen und Knöpfe die man da gedrückt hat … Ihhhhh Pfui!)

10:00 Uhr: Beim Meeting ankommen, Hände schütteln (stellt auch das mal vor!), Kaffee trinken, in fremde Kekspackungen greifen (ja echt!) und dann den ganzen Tag in einem Raum zusammenhocken. Wenn es ganz dicke kommt, dann ohne Fenster (Ekelhaft!).

12:00 Uhr: Lunch in einer Kantine. Brechendvoll. Warteschlangen an der Ausgabe und noch einmal an der Kasse. Tabletts, Teller, Besteck wechseln von Hand zu Hand. Wollen Sie mal probieren? Bitte greifen sie doch zu! (What? …. unglaublich!)

13:00 Uhr: Fortsetzung des Meetings bis die ersten müde wirken oder irgendwer den Tag für beendet erklärt

18:00 Uhr: Abmarsch Richtung Hotel, wieder durch die halbe Stadt, einchecken, Meldeschein zum tausendsten Mal ausfüllen, Zimmer finden, Klamotten notdürftig auspacken, Jeans anziehen und dann weiter ab zum Dinner. Oft im Team. Ja im Team. In einer Kneipe. Drinnen! (Würg…)

22:30: Seit 04:00 Uhr auf den Beinen, hundemüde zurück im Hotel, vielleicht noch ein paar Nachrichten, etwas abhängen und die Überraschungen auf dem Hotelzimmer genießen. Lichtschalter die keiner kapiert, Zig Kissen die niemand braucht und Bettdecken, die im Nu völlig verwurschtelt sind.

Aber lest selbst …

Zu Erinnerung hier ein paar passende Beiträge aus alten Zeiten:

—> Hier geht’s zu Teil 3

111) Dienstreisen BC – Teil 1

Mensch, was waren das noch für Zeiten, oder? Dienstlich verreisen. Damals vor Corona. „BC“, quasi. Bevor wir es vollkommen vergessen, hier ein paar Erinnerungen aus der Mottenkiste.

04:15 Uhr: Weckerklingeln, Aufstehen, Dusche und Bad, drei Espresso, eine Scheibe Toast, Koffer-Finale, Hemd, Anzug, Gürtel, Schuhe, Laptop, Telefone, Kopfhörer und dann runter zum Taxi.

05:00 Uhr: Fahrt nach Tegel, draußen ist es duster, es laufen immer noch Party-Gänger durch die Stadt, ich gebe mich wortkarg, der Taxi-Fahrer stimmt zu einem Gespräch an, ich bleibe sparsam an Worten.

05:25 Uhr: Ankunft Airport Tegel, Bezahlen, Koffer und Jacke schnappen, Anstehen, Sicherheitskontrolle, Duty Free, Wasser kaufen, hinsetzen, warten, nachdenken, gucken, nachdenken.

05:50 Uhr: Aufruf zum Boarding, aufstehen, hinsetzen da noch nicht dran, wieder aufstehen, der Herde folgen, Handy über Scanner halten, durch die Brücke zum Flugzeug gehen … ODER … die blöde Variante … Bus-Zubringer.

06:00 Uhr: Koffer oben rein, Jacke oben drauf, Hinsetzen, „Darf ich mal“, Aufstehen, Hinsetzen, Aufstehen, Hinsetzen, Kopfhörer, Podcast oder Musik, Flug-Modus ein.

06:20 Uhr: Türen zu, Sicherheitsunterweisung, Rollen, Stopp, Warten, Rollen, Stopp, Warten, Lärm, Ruckeln, Schütteln, Abheben, Räder rein. Bing. „Bitte noch sitzen bleiben, bis die Anschnallzeichen …“. Bing

So ungefähr ging es für mich die letzten 20 Jahre alle zwei, drei Wochen irgendwo hin. Meistens im Inland, manchmal auch ins Ausland. Nicht dass ich da mit Blick auf die CO2-Bilanz besonders stolz drauf wäre, auf die Work Life Balance schon gar nicht. Ich stehe auch nicht gern kurz nach 04:00 Uhr auf und verspüre auch kein gesteigertes Bedürfnis, eingequetscht auf einem Mittelplatz zu sitzen.

„Na, sei doch froh. Jetzt, mit Corona hat sich das doch erledigt …“, mag der Leser da sagen. Ja, schon irgendwie. Seit 11 Wochen habe ich keinen Flieger und keinen Zug betreten. Keinen schlechten Kaffee getrunken, mir nicht die Beine in den Bauch gestanden und keine Belege gesammelt, um die Kohle später wiederzubekommen. Das klingt schon befreiend, ja.

Aber irgendwie … ehrlich gesagt … vermiss … , … ja ich vermisse es.

Ich würde echt gern mal wieder um 04:00 Uhr aufstehen und irgendwo hinreisen.

Zu Erinnerung hier ein paar passende Beiträge aus alten Zeiten:

—> Hier geht’s zu Teil 2

 

 

Beitrag 199 – Vom Reisen

Ach ja, das Reisen. Es gibt soviel zu entdecken auf dieser blauen Kugel. Städte, Dörfer, Bauwerke, Meere, Flüsse, Wüsten, Wälder, Berge, Täler und Dschungel.

Wenn doch nur Reisebudgets und Urlaubskontingente etwas üppiger ausgestattet wären, nicht wahr? Dann könnte man sich viel mehr ansehen, andere Menschen treffen und für kurze Zeit in das Leben vor Ort eintauchen. Deshalb verreist man ja schließlich oder nicht?

Na ja, nicht ganz. Na klar, ist das „Reisen“ hauptsichlich das Mittel der Wahl, um zu den Hot Spots dieser Welt zu kommen. Aber das „Reisen“ an sich, also der Weg dorthin oder auch die Strecken zwischen den Zielen macht ja auch etwas mit uns. Und von diesen …. handeln die folgenden fünf Beiträge

Viel Spaß beim Lesen

 

41) Schlaflos in Melbourne

Draußen kündigt sich ein Zug an und rumpelt über die nächtlichen Gleise. Die Tür vom Nachbarzimmer schlägt mehrfach auf und zu. Ich werde wach. Im Dunklen ertaste ich mein Handy und werfe einen Blick drauf. Sonntag, 8. September 2019, 02:35 Uhr. Wo bin ich? Melbourne.

Shit. Ich bin doch erst um 09:00 Uhr zum Frühstück verabredet.

  • Wie komme ich zurück nach Schlummerland?
    Ich probiere es auf linker Seite, rechter Seite, Bauch und Rücken. Mit Decke, ohne Decke, aber um so mehr ich es versuche, um so mehr kommt mein Denkapparat in die Gänge.

Nicht gut. Lass es! Das hört nicht mehr auf. Blick aufs Handy: 03:00 Uhr

  • Wieso bin ich eigentlich schon wach?
    Ich war doch gestern viel zu Fuß unterwegs und habe erst 23:30 Uhr das Licht ausgemacht? Ein grober Überschlag liefert mir die Erklärung. Zu Hause ist es gerade mal 19:00 Uhr. Meine letzten 3 Stunden waren für meinen Körper also eher ein Nickerchen am Spätnachmittag.

Egal was es ist, versuche zu schlafen, Mensch! Blick aufs Handy: 03:30 Uhr

  • Kann man Sonntag 03:30 Uhr aufstehen?
    Das geht ja nun gar nicht. Früher waren wir da irgendwo tanzen und haben uns auf dem Rückweg die letzten Döner-Reste vom Spieß schneiden lassen. Mag sein. Die Jugend zu Hause ist aber noch nicht einmal losgegangen.

Hör mit diesem blöden Rechnen auf, Alter. Schlaf jetzt! Blick aufs Handy: 04:00 Uhr

  • Vielleicht mal aufs Klo gehen?
    Könnte ich machen, nur wenn ich erst einmal in paar Meter laufe und das Licht an ist, dann ist die Nacht auch gleich zu Ende. Aber das ist sie eh schon. Also ab aufs Klo und auf dem Rückweg mal einen Blick aus dem Fenster wagen. Aus irgendeinem Grund sind die Fenster mit Punkten beklebt. Warum eigentlich? Sonnenschutz? Design? Und warum die Punkte unterschiedliche Größen?

Jetzt zerbrich dir nicht den Kopf über diese blöden Punkte, Mann! Geh‘ ins Bett! Blick auf‘s Handy: 04:30 Uhr

  • Vielleicht zu Hause anrufen?
    Die Gelegenheit wäre günstig, es wäre jetzt 20:30 Uhr. Aber wir hatten ja erst gestern 21:00 Uhr meiner Zeit miteinander gesprochen. Hier ist ja seit dem nicht viel passiert. Außerdem ist bei der Familie ja immer noch „gestern“, während bei mir ja „heute“ schon deren „morgen“ ist.

Nun ist mal gut Kerl, hör mit diesem Zeitrechnen auf. Sonst wird einem ja schwindelig!

  • Bin ich hier eigentlich jünger?
    Ein Gedanke: Ich bin am Donnerstag 08:00 Uhr ins Flugzeug gestiegen, war am Freitag 09:00 Uhr deutscher Zeit in Melbourne. Beim Ausstieg hat sich die Uhr auf 17:00 Uhr gestellt. Also habe ich mit der Landung mehr oder weniger den Freitag übersprungen. Mein Körper war aber noch so alt wie Freitagmorgen, während es schon Freitagabend war. Krass. Dann bin ich ja jünger als die Zeit! Dann bin ich ja ein Zeitreisender! Macht es eigentlich einen Unterschied, ob ich westwärts oder ostwärts nach Hause fliege?

Gut, das war‘s nun. Jetzt kannst das Schlafen endgültig vergessen. Du darfst aufstehen.

  • Und was mache ich jetzt?
    Den Fernseher einschalten? Da läuft nur Cricket und Footy. Etwas Arbeiten? Nö. Ist ja Sonntag. Obwohl … in Middle East da arbeiten sie am Sonntag schon wieder … also vielleicht doch etwas arbeiten? Aber nein, die schlafen ja auch noch.

Vielleicht mache ich mir einen Kaffee und schreibe einen Blog-Beitrag?

PS: Geniesst den Samstag-Abend und viele Grüße aus der Zukunft!!

46) Krümel-Kaffee und Mikro-Welle

Sao Paulo, Dienstag 03:30 Uhr: Ich bin wach, kann nicht mehr schlafen und beschließe, die Qual zu beenden und mich der Arbeit zu widmen. Das Hotel-Zimmer hat sogar eine kleine Küchenzeile und ich meine, dort bei Ankunft sogar kleine Kaffee-, Zucker-, und Creamer-Tütchen gesehen zu haben. So ein Kaffee wäre jetzt genau das Richtige. Also checke ich die Mini-Küche. Zwei Tassen, zwei Gläser, 1 Besteck und eine Mikro-Welle. Wasser-Kocher = Fehlanzeige. Wie kriege ich jetzt bloß Wasser heiß? Meine Augen bleiben bei der Mikro-Welle hängen. Habe ich noch nie gemacht, aber müsste doch gehen, oder? Tief im Gedächtnis habe ich einen Informationsfetzen gespeichert, dass die schnelle/heiße Erwärmung zu einem Problem führen kann, kriege es aber nicht mehr zusammen. 

Probieren geht über Studieren:

  1. Versuch: Ich kippe etwas von meinem restlichen Mineralwasser in eine Tasse, stelle sie in die Mikro-Welle und drücke auf die „Milch-Taste“.  Dadurch erwarte ich eher eine schonende Erwärmung. Und siehe da, 200 Watt liegen an. Nach 1:40 Minuten ist die Tasse schweineheiß, aber das Wasser immer noch kalt. So wir das nichts.
  2. Versuch: Ich kippe Mineralwasser in eines der Gläser, das sollte doch die Mikro-Wellen viel besser durchlassen als die Tasse. Wieder drücke ich die „Milch-Taste“. Nach Ablauf das „Milch-Programms“ ist das Wasser sichtlich heiß. Es sprudelt nicht. Aber es sieht so aus, als wollte es irgendwo hin ausbrechen. Ich kippe ein Tütchen Instant-Kaffee-Pulver drauf und dann auch noch Zucker. Auf einmal beginnt ein energisches Sprudeln, der Kaffee wird immer mehr und geht ab wie eine geschüttelte Cola. Der Kaffee schwimmt in der Mikro-Welle.
  3. Versuch: Basierend auf Versuch Nummer 2, nehme ich nun Wasser ohne Sprudel aus der Mini-Bar. Diesmal mache ich das Glas nur halbvoll, starte wieder das „Milch-Programm“. Das Wasser wird heiß. Ich kippe das zweite Kaffeetütchen drauf. Die Eruption bleibt aus. Den Zucker werfe ich hinterher. Dann noch mehr Wasser oben drauf, aber eben nicht bis ganz voll, denn oben muss ich das Glas irgendwie noch anfassen können.

Bing! Kaffee ist fertig. Na geht doch. Ich bin zwar in einem Hotel in Sau Paulo, es fühlt sich aber an wie auf dem Zeltplatz. Nachdem ich ja nun Erfahrung damit habe, könnte ich gegen 04:30 Uhr glatt noch einen zweiten Kaffee vertragen, aber das Päckchen hatte sich ja leider in Schaum aufgelöst und schwimmt in der Mikro-Welle.

Frühere Beiträge aus dem Hotel-Leben: