Die erste Corona-Family-Home-Office-Woche ist vorüber. Die viele Arbeit sorgt für Ablenkung, wirft man aber zwischendurch mal einen Blick aufs Handy, holt einen die neue Realität schnell ein. Viele Gespräche mit Kollegen weltweit … überall das selbe Bild. Egal ob Kuala Lumpur, Bengaluru, Bratislava, Mexico-City oder Sao Paulo.
Aber darum geht es in der Serie hier nicht, hier geht‘s darum, was das ganze mit uns macht.
Donnerstag, 19. März:
Distanz: Die Menschen im Kiez machen größere Bögen wenn sie aufeinander zugehen, halten mehr Abstand. Auf dem Fußweg vor dem Eisladen warten rosa Striche im Abstand von 1,5 m auf die Kunden. Irgendwie ist den Leuten aber die Lust auf Eis-Diele vergangen. Und das schon Mitte März. Nicht gut.
Stammtisch: Während ich zwei Pizzen organisiere, höre ich einer Bierseligen 3-er Runde zu. „Ick hör da nich mea hin, man“ … „Wenn de zum Arzt jehst, biste erst recht krank danach“ … „Völlijer Blödsinnn, dit Janze“ … „Darfst de allet nich globen“ … „Jetzt machen die allet zu hia, bis zun 18.04., wat is’n dann anders, meinen die, dit virus ist dann weg“ … „Is ejal, Hauptsache der Schwachsinn hört bald uff“ … Prost!“ Ein Kommentar liegt mir auf der Zunge. Ich lasse es denn aber. Vermutlich werden wir uns wohl nie wieder sehen.
Klo-Papier: Es gibt wieder Klo-Papier. Die Mitarbeiter des Super-Markts räumen die Packen gar nicht mehr ins Regal, die Leute nehmen es direkt von der Euro-Palette. Ich wollte noch nicht sofort zugreifen, ich fühlte mich irgendwie schlecht dabei. Morgen oder übermorgen vielleicht. Und dann werden wir sparsam damit umgehen und auch die Blatt-Rückseite nutzen 😉
Freitag, 20. März
Park: Die Menschen kapieren zunehmend, sich aus dem Weg zu gegen. Zumindest da wo ich unterwegs bin. Die Enten im Park haben schon vor Jahren aus der Vogelgrippe gelernt und gehen freiwillig in Quarantäne. Die Spielplätze sind mit rot-weißem Flatter-Band gesperrt. Auch der versteckte Spielplatz, wo sonst eine Klimmzug-Stange auf mich wartet. Muss das sein? Hier ist keine Menschenseele. Hüpfe ich einfach schnell über den hüfthohen Zaun? Nee, besser nicht.
Geschäfte 1: Ich muss ein paar Kleinigkeiten im Baumarkt besorgen. Ein Sicherheitsdienst wartet an der Tür und wirft für jeden Neuankömmling eine Münze in einen Topf. An den Kassen hat man auf die Schnelle einen Plexiglas-Schutz für die Kassierer installiert, Markierungen auf dem Boden zeigen an, wieviel Abstand man halten soll. Im Markt sind zwar Kunden unterwegs, aber es herrscht bedächtige Stille.
Geschäfte 2: Der sonst etwas „maulfaule“ Mann in der Reinigung freut sich, mich zu sehen. Ich hole ein paar Hemden ab, wir kommen ins Quatschen. Zwanzig Kunden hatte er gehabt. In der ganzen Woche. Das sind exakt vier am Tag. Ich verspreche ihm, weitere Arbeits-Klamotten zu bringen. Die brauche ich jetzt eh lange nicht.
Samstag, 21. März
Schlange: Wir müssen etwas bei der Post abgeben. Menschen die in der DDR groß geworden sind, fühlen sich auf einmal 35 Jahre zurückversetzt. So viele Erinnerungen kommen hoch. Anstehen. Reingehen. Gucken. Weitergehen. Wo anders probieren. Wieder anstehen. Reingehen. Und so weiter.
Idioten: Nun, wo viele vernünftige Menschen zu Hause bleiben bzw. nur wenig unterwegs sind, fallen leider die Voll-Idioten viel deutlicher auf. Wir waren heute kurz mit dem Auto unterwegs. Fette SUV‘s ballern durch die Stadt, die Fahrer denken sich wohl, die Polizei hat anderes zu tun. Man, ihr Honks! Muss das sein? Das ist doch alles schon doof genug.
Nachdenken: Ein Moderator im Radio sagte so etwas wie „… Man sollte es nicht Social Distancing nennen, sondern nur Physical Distancing…“. Ja, da ist was dran und damit beende ich diesen Beitrag.
Macht‘s gut und tragt zur Beruhigung … und Belustigung … der Lage bei.
Neulich zum Gatten gesagt: bring mal Handcreme mit wenns gibt und mich sofort in alte Zeiten zurückgesetzt gefühlt.
Kleiner Vorteil in diesen Zeiten … 😉
Ich finde du hast die Lage super zusammen gefasst! Als ich überlegt habe über die aktuelle Lage zu schreiben war ich unsicher, wie ich das angehen soll- welche Seiten beleuchten und welche Gedanken und Sorgen nennen. Ich finde, dir ist eine super Mischung aus objektiver und subjektiver Beschreibung gelungen! 🙂
Oh, vielen Dank fürs Lesen und den Kommentar. Ich mach‘ mal weiter, dass hilf etwas die Gedanken zu sortieren