441) Tierische Freiheiten

Neulich war ich auf einem Workshop und da gab es dann zwischendurch so typische Lockerungsübungen a la „Welche Person (egal ob tot/lebend) würde man gern mal treffen?“ oder „Als welches Tier würde man gern wiedergeboren werden?“.

Frage 1 konnte ich sofort beantworten. Erste Wahl fiel natürlich auf Gandhi … der ist aber auch tot durchaus noch sehr gefragt … könnte eng mit Terminen werden … daher würde ich natürlich auch Mandela nehmen … und ehrlich gesagt, würde ich auch mit Che Guevara eine Zigarre rauchen … auch wenn der heute streitbar ist. Und Rauchen out.

Bei der Frage nach dem Tier kam ich ins Trudeln. Tiger? Delfin? Elefant? Biene? Alles nicht gerade die zukunftsträchtigen Tierchen auf der Erdkugel. Da kann es ganz schnell zu Ende sein mit dem zweiten Leben.

Seit dem Kurztrip nach Andalusien habe ich immerhin ein paar Ideen.

  1. Ziege im „El Torcal“ -Gebirge
  2. Affe auf dem Gibraltar-Felsen
  3. Goldfisch in der Alhambra

Warum? 

Tja, alle haben ziemlich viel Platz dort, es gibt nicht allzu viele „Mitviecher“ und relativ wenig natürliche Feinde. Sicherlich kommen nervige Menschen zu Besuch und stecken mir Salami-Brötchen in den Hals oder werfen mir eine Münze auf den Kopf, aber ich denke, damit kann man Leben lernen. 

Die Habitate stehen unter Naturschutz bzw sind Weltkulturerbe, recht unwahrscheinlich, dass mir eine Tankstelle vor die Nase gesetzt wird. Eine Räumung wegen Eigenbedarf scheint auch nicht nicht mega-wahrscheinlich, also bräuchte ich mich auch nicht auf dem gespannten Wohnungsmarkt umschauen müssen.

Ich sollte natürlich bedenken, dass es dort zunehmend wärmer wird, das ist ein durchaus ein Argument, aber die Locations liegen etwas höher und notfalls trete ich noch zu Lebzeiten in eine kleine aber solvente Partei ein. 

Die lösen das mit Sachverstand und Technologieoffenheit.
Und ansonsten regelt das der Markt … irgendwie.
Hauptsache ich bin dann frei und keiner geht mir auf die Ketten oder legt mir selbige an.

PS: Eigentlich sollte der Beitrag gar nicht politisch enden, aber nebenbei lief das Radio und die Nachrichten und da konnte ich nicht anders.

382) Die wahrscheinlich längste Röhre der Welt

Nach meinem Beitrag >Seidenstraße und den wirklich tollen Kommentaren dazu, kam mir ein Bild in den Kopf. 

Ein Sushi-Laufband. 

Nur halt nicht 15 Meter lang durch ein Restaurant, sondern etwas länger. Ungefähr 10.000 km. 

Von China bis nach Deutschland. Und noch mal zurück.

Quasi ein Förderband, das niemals schläft. Eine gigantische Röhre in der alle möglichen Produkte, Güter und Speisen in Super-Speed zu uns geschossen werden. Handy, Fernseher, Laptop, Solar-Panel, China-Pfanne und Sauer-Scharf-Suppe. Mit Glückskeks zum Nachtisch. Was immer gewünscht ist. 

90% der Strecke liegt außerhalb Deutschen Staatsgebietes, also bleiben 90% der Energiekosten dafür und 90% dieses blöden CO2 „außherhalb“ des Landes. Und da das Ding ja im Kreis läuft, kann es auf dem Rückweg doch auch die Umverpackung gleich wieder mitnehmen und „woanders“ recyceln. Und am besten gleich noch unseren Hausmüll und auch den gelben Sack. Den können die ja „unterwegs“ rauskatapultieren. Bei den Mongolen is‘ noch Platz. Soll ja schließlich nicht leer zurückfahren dieses Band, oder? Wäre ja Energieverschwendung. Man muss die knappe Energie schon effektiv einsetzen heutzutage.

Ist doch großartig und verdient einen Innovationspreis! Denn Innovationen kommen schließlich immer von hier, während der Dreck dann wie immer „bei denen“ ist. So können wir ja auch nie grün werden, wenn „die da“ die Luft verpesten, oder? Da können wir uns ja sonst wie anstrengen „hier“.

Ja, sag ich doch!

371) Blöde Kuh

Offener Brief an alle Kühe

Sehr geehrte Rinder, sehr geehrte Rinderinnen, sehr geehrte Rindiverse,

Das Maß ist langsam voll, ihr bestimmt immer mehr über unsere Lebensweise und Zukunft, das kann man so nicht mehr tolerieren. Denn eure Freiheit endet da, wo unsere Freiheit beginnt!

Die sieben Punkte dieses Kommuniqués zeigen nur einen Ausschnitt eurer Dreistigkeiten und Übergriffe der letzten Jahre, sie machen aber deutlich, dass es so nicht weiter gehen kann.

Warum sich etwas ändern muss:

  • Bereits als Kind habe ich mir meine weißen Turnschuhe versaut, als ich auf unseren Auen in eure Hinterlassenschaften getreten bin. Das werde ich euch nie verzeihen. Waren diese Vorkommnisse noch lokal beschränkt, nahm euer Einfluss mit jedem Jahr zu, so dass nun bereits Gefahr für das menschliche Leben besteht. Von seelischen Schäden ganz zu schweigen.
  • Wenn ihr euch auf einer Indischen Kreuzung niederlegt, dann geht da nix mehr. Der Verkehr steht, die Autos verpesten unnötig unsere gute Luft. Und nur weil ihr zu faul seid, noch 20 Meter weiter zu trampeln, kommen meine Indischen Gesprächspartner zu spät zum Meeting und ich verliere meine wertvolle Zeit.
  • Wegen eurer triebhaften Fortpflanzung, müssen schlecht bezahlte Menschen Tag und Nacht in deutschen Schlachthöfen schuften, um euch der finalen Bolognese zuzuführen. Das sind doch unhaltbare Zustände! Da kann von Menschenwürde keine Rede sein.
  • Ihr fresst den ganzen Tag und rülpst dann die ganze Pampe wieder hoch. Das ist doch wirklich widerlich und nicht üblich im hiesigen Kulturkreis! Ich meine, wir niesen wenigstens in die Armbeuge, das müsstet ihr doch beim Rülpsen auch hinkriegen oder ist das etwa zu viel verlangt? Ein bisschen mehr Integration muss doch wohl drin sein.
  • Und weil Ihr Euren Zuckerhaushalt nicht in den Griff kriegt, haben deutsche Menschenkinder ständig Bauchschmerzen und deren Eltern müssen überteuerte H-Milch kaufen, die frei von „fast allem“ ist. Ganz zu schweigen davon, dass sie die weiße Plörre anscheinend nur mit völlig übersüßten Cornflakes herunterkriegen, die unsere kommenden Superstars nun immer fetter machen.
  • Und seit einiger Zeit steht nun auch noch fest, dass ihr unsere schöne Umwelt kaputt furzt. Das ist ja nun wohl die Höhe. Da kann man sich doch wohl mal etwas zusammenreißen! Nur weil Ihr so viel furzt, fresst und unser Wasser sauft, sollen wir nun weniger Rouladen essen? Das sehen wir nicht ein!

Also letzte Warnung. Ändert euer Verhalten gefälligst! Sonst werden wir euch hinten und vorne Plastiksäcke drantackern und externen Mägen montieren. Oder wir schauen mal, was die Gentechnik so beisteuern kann.

Wir lassen uns die Umwelt und Zukunft nicht zerstören!

307) Limit

Bei der Diskussion um Tempo-Limits auf der Autobahn, habe ich das Gefühl ich beobachte ein paar kleine Kinder, die sich in der Sandkiste um Schippe und Eimer kloppen. „Meine! Nein, meine! Ich hatte die zuerst! Nein ich! Ich hatte immer die gelbe Schippe!“ Plärr! Heul! Flenn. Meine Güte…

Ein paar Gedanken dazu:

  • Ja, ich bin „früher“ auch schnell gefahren da wo es ging, habe die Firmen-und Mietwagen getreten und bin mit erhöhtem Puls und feuchten Händen dann 20 Minuten eher angekommen. Unvernünftig, ganz klar, gar keine Frage. Erst später habe ich kapiert, dass es sicherheitstechnisch, ökonomisch und ökologisch völlig irre ist.
  • War ich ich dann mal in Frankreich, Schweiz, Schweden oder Dänemark, war ich angenervt von dem „Gezuckel“ da auf der Autobahn, aber letztlich bin ich auch angekommen und zwar viel relaxter. Und nachhaltiger für den eigene Pumpe, den Tank, die Reifen und die Bremsscheiben. Aber das konnte ich mir natürlich nicht so schnell eingestehen.
  • Aber man lernt ja dazu und kann irgendwann 4 Meter weiter denken, als das eigene Auto lang ist. Um so alberner eigentlich, wenn die Liberalen (… Achtung Wortspiel …) „wider besseren Wissings“ * krampfhaft nach Ausreden suchen, um gegen ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen zu kämpfen.

Also, wenn ich das schon höre:

  • „Wir haben ja gar nicht genug Schilder …“
  • „Das regelt doch der Preis an der Zapfsäule …“
  • „Ach ja … und nachts … was ist denn nachts …“
  • „Wer langsamer fahren will, kann es ja machen …“
  • „Ein Temporeduzierung bringt ja global auch nix …“

Was für ein blödes Geschwätz von Regierungsmitgliedern, die „by the (motor)way“ ihr Gehalt von Steuergeldern beziehen.

Ich kann es nicht mehr hören. Das ist ein absoluter No-Brainer. Annuschka hat in ihrem Beitrag >Limitiert … gestern auch drüber geschrieben und ich hatte dort kommentiert. Da sind 3 Ziffern in die StVO aufzunehmen, vielleicht noch ein paar Schilder an den Grenzen aufzustellen und ein paar Durchsagen übers Radio zu bringen und fertig. Also mal ehrlich! Die Probleme hätte ich gerne. „Jugend Forscht“ wäre mit solch einer Herausforderung arg unterfordert.

Wenn wir solch simple Maßnahmen nicht mit einem Fingerschnip hinkriegen und damit einen klaren Willen für weniger CO2-Emissionen bekunden, dann frage ich mich, wie wir eigentlich Raumordnungsverfahren, Energieerzeugung/speicherung/verteilung und all die andere dicken Bretter bohren wollen? Und womit?

Das ist neben all den aktuellen Herausforderungen doch das aller-aller-einfachste.
Es ist so lächerlich, es verdient eigentlich nur Spott und faule Eier.

Also Leute, Fuß vom Gas!

*) Das Wortspiel „Wieder besseren Wissings“ kam mir so beim Schreiben und die Datenkrake kannte das noch gar nicht. Also betrachte ich mich mal als geistiger Urheber und verlange Tantiemen, wenn das jemand verwendet. Und dann kaufe ich mir einen fetten SUV und baller mal so richtig über die Deutschen Autobahnen!  Ach nee … geht ja bald nicht mehr … doof … irgendwie.

PS: Titel-Foto aufgenommen aus dem fahrenden Auto auf Dänemarks Autobahn, bei Tempo 200 hätte es vermutlich nur einen gelben Streifen gegeben. Gelb? Wieso gelb? Ach …

261) Mit Zettel und Stift 6

Berlin ist bekannt für all seine Zettelchen, Aufrufe und Notizen, mit denen Nachbarn wiederum ihre Nachbarn erziehen oder sich einfach mal Gehör verschaffen wollen. Bislang habe ich diese Fundstücke immer ein paar Monate gesammelt und dann hier gebündelt unter dem Titel „Mit Zettel und Stift“ veröffentlicht. 

Und ich hätte schon wieder ein paar Bilder in der Hinterhand, aber auch ein Exemplar, dass mich doch irgendwie gepackt hat. Dieses kleine Kunstwerk habe ich Mitte November im Kiez entdeckt, es hing an so einem weißen Telefon-Verteiler-Kasten, mittlerweile ist es völlig aufgeweicht und verwaschen, kaum noch zu entziffern.

Die Künstlerin, hat zwar ihren Namen auf dem Papier hinterlassen, aber ich habe ihn anonymisiert. Ich habe sie auch nicht gefragt, ob ich das hier ins Netz „pusten“ kann, aber ich denke, es ist ihn ihrem Interesse und sie wäre sogar glücklich darüber.

Ihr Papier hat es nicht verdient, in einem Sammelsurium von Wohlstandsproblemen und Corona-Graffitis zu erscheinen, also bekommt sie diesen Beitrag ganz exklusiv.

Und hier ist es nun.

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Gut oder?

<— Mit Zettel und Stift 5

–> Mit Zettel und Stift 7

247) Wintermärchen

Der Wochenendausgabe der Zeitung liegt ein Sonderteil mit dem Titel „Wintermärchen“ bei. Ausgesuchte Hotels und Regionen in den Alpen werben um solvente Gäste.

Die besten Passagen für euch zusammengestellt und kommentiert:

    • „Die Urlaubsmomente-Sammelei kann beginnen. Schafft Erinnerungen, an die Ihr euch später gern mit einem Lächeln zurückerinnert. Stillt das sehnsüchtige Gefühl nach einer winterlichen Auszeit bei uns am Achensee.“
      Urlaubsmomente jetzt in jedem siebten Sammel-Ei?
    • „Ein großzügiges Beauty- und Massage Angebot verschönern ebenso Ihren Urlaub, wie das Hallenbad mit dem vorgelagerten Außenpool von 31°, der auch im Winter geöffnet ist und bei Schneegestöber die Gemüter erfreut.“
      Außenpool mit 31°C bei Schneegestöber …
    • In der „Gletscheroase“ mit exklusivem Blick auf das ewige Eis spielen Wellness und Spa die erste Geige.“
      Ewiges Eis ? … nun ja … siehe Passage zuvor.
    • “Innen und außen laden Pools zum Schwimmen ein. Infrarotliegenraum, Wavebalance-Liege und Ultraschall-Gesichtsbehandlungen bereichern das Wellnessangebot. Ein professionelles Massage-und Beautyteam ist bereit, die Gäste von Kopf bis Fuß zu verwöhnen.“
      Kopfkino …. Igitt igitt … macht das aus bitte.
    • „Im Hotel wartet auf Kinder das Badeparadies Bergi-Land mit einer Mega-Tunnelrutsche mit Infinity Jump, einer Turbo-Rutsch mit Fallstart und dem einzigartigen Lazy River und ein großer Spielplatz.“
      Haben sie jetzt da die ganzen Kreuzfahrt-Schiffe abgestellt?
    • „Neben den kulinarischen Leckerbissen aus der Küche und der hauseigenen Pizzeria erwartet Sie der neue Weinkeller mit Rauchlounge.“
      Na immerhin. Während sich Mutti vom Alpen-Felix bearbeiten lässt und die Bälger im Bergi-Land sind, kann Vati hier die Zukunft des Deutschen Mittelstands diskutieren. Prost!
    • „Jedes der Chalets verfügt über ein eigenes AlmSpa drinnen und draußen. Dazu zählen eine eigene Sauna-Dampfkabine samt Ruheraum, eine freistehende Badewanne und ein Hot Tub auf der Hausterrasse.“
      Wohl bald eher ein Tot Hub.
    • „Bei sechs regionalen Bergbahnen, sieben Tälern und drei Höhenlagen findet jeder die passende Tour.“
      Und vielleicht auch das Schneewitchen.

Also mich kriegt ihr da nich‘ hin.

245) Das Jahr 2050 – Teil 1

Derzeit sitzen Regierungsvertreter in Glasgow zusammen und diskutieren Maßnahmen zur Einhaltung der bereits vereinbarten Klima-Ziele. Na mal sehen, was dabei rauskommt. Da ich beim Corona-Krisenmanagement aktuell noch keinen entschlossenen Willen erkennen kann, beschäftige ich mich derweil mal mit dem eigentlichen Brett, dass wir bohren müssten.

Nachdem Annuschka im Sommer mehrfach auf das Buch „Mensch, Erde!“ (Eckart von Hirschauen) eingegangen ist, hatte ich mir das dann auch beschafft und dann lag es erst einmal ein wenig herum. Es ist ja mit 500 Seiten auch ein ganz schöner Brummer und ich hatte noch ein anderes Buch zu beenden. Außerdem rennt das Klima ja auch nicht weg … dachte ich. 

Aber nun habe ich die ersten 100 Seiten gelesen, es liest sich locker und unterhaltsam, bringt aber all die gebotene Ernsthaftigkeit mit. 

Recht früh verweist das Buch auf die Website https://population.io die ich euch gern mal empfehlen möchte. Mit wenigen Klicks zeigt sie zum einen recht drastisch, wie schnell die Weltbevölkerung wächst und zum anderen, welche statistische Lebenserwartung man selber so hat. Demzufolge ist mein physisches Ende so circa. 2061 erreicht, wenn es keine Überraschungen gibt. Damit ist nun die „Hälfte rum“, oder positiv gesagt, dass Glas immer noch halbvoll. Na großartig. Kurzzeitig zumindest.

Aber da ich ja das schwere Buch beim Joggen schlecht mitnehmen kann, habe ich heute parallel mit der Hörfassung von „Deutschland 2050“ (Nick Reimer / Toralf Staud) begonnen (auch über Annuschka bei mir angekommen, DANKE). In den ersten Minuten dachte ich noch, es läuft auf einen dystopischen Öko-Thriller hinaus, aber dann wurde mir schnell klar, dass das Realität wird.

Die ersten drei Kapitel drehten sich um zunehmende Hitze & Trockenheit, dem vermehrten Aufkommen von Viren & Bakterien und der gravierenden Veränderung von Flora & Fauna. Nicht in Bangladesh, nee hier … bei uns … „Umme Ecke“ sozusagen.

Manchmal sagt man ja so salopp, dass „betreffe einen eh alles nicht mehr“ und dann „wäre man ja schon unter der Erde“.

  • Erstens, ist das natürlich sehr egoistisch betrachtet und hilft unseren Kids überhaupt nicht weiter.
  • Zweitens, sollte man sich da mal nicht zu sicher sein. Das Buch prognostiziert zwar 2050, wenn aber schon allein die Hälfte der Effekte bis 2035 eintreten, na dann wünsche ich uns allen viel „Spaß“. 

Nehmt ihr nur alle den Südbalkon, ich nehme Nord!

Ich gebe dem Beitrag mal den Zusatz „Teil 1“, könnte mir gut vorstellen, dass ich mich dazu noch mal melde.

—> Das Jahr 2050 – Teil 2

221) Blume oder Keule

Dreht es sich in der öffentlichen Debatte nicht um Corona oder religiöse Fanatiker, kämpft sich die Ökologie immer mal wieder nach vorn. Und vom Stichwort Umwelt, kommt man schnell zur Ernährung, dann landet man unvermeidlich bei den CO2-Emissionen, dann beim Fleisch, beim Tierschutz und bei pupsenden Rindern. Je nach Laune lassen sich noch Moral, Ethik, Mitleid  und Verantwortung diskutieren aber irgendwann kommt man dann zum Verzicht, oder zumindest zur Reduzierung.

Neulich habe ich in einer Doku gelernt, dass der Durchschnittsdeutsche wohl 60 kg Fleisch im Jahr verputzt. Das sind knapp 170 Gramm pro Tag! Im Schnitt! Und in dieser Durchschnittsberechnung sind bereits die neuen Veganer dabei, dann die Menschen die aus religiösen, gesundheitlichen oder geschmacklichen Gründen kein Fleisch verzehren, die Kinder vermutlich auch und Leute wie ich, die zwar Fleisch essen, aber doch keine 170 Gramm am Tag. Demnach muss der deutsche Fleisch-Fan ja recht ordentliche Mengen vernichten. Kein Wunder, denn das Industrie-Zeug ist ja hierzulande auch spottbillig.

Der ein oder andere denkt vielleicht auch drüber nach, wie man dieser Entwicklung begegnen kann.

Weniger Fleisch, dafür aber gutes Bio-Fleisch? Mit stattlichen Preisen wird es dann etwas Besonderes und kommt nicht jeden Tag auf den Tisch. So soll es ja auch sein. Im besten Falle kommt es aus der Region. Wer sich aber ein Premium-Bio-Kobe-Rind aus Japan einfliegen lässt, handelt inkonsequent.

Manche lassen komplett ab von Landtieren, beziehen ihr Eiweiß vielleicht noch aus Fisch oder anderem Meeresgetier. Die sind nicht ganz so niedlich, lassen sich nicht so gut streicheln, aber es sind trotzdem Tiere und die streben bestimmt nicht danach, in die Pfanne gehauen zu werden.

Oder man isst nur noch „Blumen“, so wie „Die Ärzte“ schon 1988 sangen: https://youtu.be/hSYIG0KjzEc und streicht auch noch Fisch und Eier aus der Ernährung, das machen andere Kulturen schon seit tausenden Jahren. Wenn man aber in der Europäischen Küche immer nur weglässt, dann wird es bald übersichtlich auf dem Teller. Neue Rezepte müssen also her, leckere Gerichte, bei denen man nicht ständig das Gefühl hat, dass irgendetwas fehlt.

Ich habe in den letzten Monaten ab und zu mal pflanzliche Fleischersatzprodukte probiert. Einfach nur mal so aus Interesse. Und wie immer, gibt es da Solches und Solches zu entdecken.

„Schnitzel“ sehen zunächst eigenartig und künstlich aus, aber mit Öl und Röstaromen geht‘s dann irgendwann.

„Hack“ hatte eine eigenartige Konsistenz, mit viel Geduld, Fischsauce, Tomatenmark, Gewürzen und viel manueller Bearbeitung bekam ich das dann in vertraute bröselige Form.

„Burger-Patties“ gingen eigentlich auch, man sollte aber nie konventionelle und „vegane“ in eine Pfanne legen, denn dann werden die Unterschiede offensichtlich und das Veggie-Pattie hat es natürlich schwer, gegen den animalischen Platzhalter anzukämpfen.

„Bällchen“ fand ich eigentlich gar nich so übel. Wenn man sie nicht manisch mit Berliner Bouletten oder Bayrischen Fleischpflanzern vergleicht, kann man die echt essen. Im Zweifel viel Senf oder ordentlich scharfe Sauce oben drauf. Fertig. Essbar.

Und wer nicht nur Blumen essen will, der kann ja mal folgende Doku schauen. —> ARD-Mediathek. Da geht es um durchaus tierisches Fleisch, nur ohne das Tier drumherum … interessant, oder? Da kann man sich irgendwann sein Steak „ausdrucken“. Wobei wir dann schon wieder bei Louis de Funes in „Brust oder Keule“ von 1976 sind.

Also, ihr seht, das ist alles gar nicht so neu … dauert nur eine Weile …

Wie haltet ihr es denn so?

Frühere Beiträge zu diesem Thema

17) Abwärts

Als Noah den Rasenmäher übers Gelände schob, dachte er wieder einmal über die Veränderungen nach, die er dort in letzter Zeit feststellte.

„Man, jetzt gibt’s hier auch schon so kahle Stellen, das war doch früher nicht so. Es war eher moosig und feucht, das Grundwasser stand sehr hoch. Das Gras verschwindet nun zunehmend, stattdessen wuchert Wein und der Bambus treibt in alle Richtungen.

Und die Wurzeln überall, die jetzt immer mehr aus dem Boden heraustreten, die waren doch vor ein paar Jahren auch noch nicht zu sehen. Hebt irgendetwas die Bäume an oder verschwindet einfach immer mehr Boden?

Auch die Senken, diese Vertiefungen hier und da. Die werden auch immer mehr. Wo ist nur all das Material hin? Was ist hier nur los?“

Mit jedem weiteren Schritt, mit jedem Quadratmeter gemähtem Rasen, versucht sich Noah einen Reim auf die Entwicklungen zu machen.

„Ist es die Globale Erwärmung, die zunehmende Versteppung, von der man so liest? Wird hier letztlich alles versanden, die Sahel-Zone bis an den Berliner Ring heranreichen?

Sind es Ameisen, Termiten, Schnecken oder Käfer, die uns den Boden wegfressen? Vielleicht ein gigantischer Super-Wurm. So wie in dem Film, wo Kevin Bacon und Fred Ward gegen Raketen-Würmer kämpfen?

Wird das Grundwasser von der Auto-Fabrik abgezweigt, die in der Nähe gebaut wird? Steckt eventuell der Nachbar dahinter, der schon immer scharf auf das Grundstück war? Oder ist es gar eine gigantische Verschwörung? Man hört ja so einiges.“

Aber er schüttelt den Kopf, winkt ab und findet einen ausreichenden Grund.

„Bestimmt ist es einfach der normale Lauf der Dinge. Landmassen bewegen sich, Erde wird verdichtet oder vom Wind abgetragen. Ja, das wird es vermutlich sein. War schon immer so. Kein Grund zur Panik.“

Mit dieser Erklärung macht sich Noah daran, sein Abendessen vorzubereiten. Spaghetti Bolognese. Ideal fürs Wochenendhäuschen. Er erhitzt eine Pfanne und verteilt Oliven-Öl im Kreis. Kurz darauf beobachtet er verdutzt, wie sich das Öl in einer Ecke der Pfanne sammelt.

„Was ist hier bloß los? Mhm, vermutlich nur die Küchenmöbel, die nicht richtig austariert sind. Aber das war sonst nicht so.“

Er tut Nudeln mit viel Sauce auf einen tiefen Teller und setzt sich mit einem Glas Wein an den Tisch vor der Hütte. Kaum Platz genommen, rutschen die Nudeln samt Sauce auf die eine Seite des Tellers, so dass er den Teller-Boden sehen kann.

„Was zum Geier … ? Na ja, bestimmt steht der Tisch schief. Muss ja wohl. Was sonst.“

Er nimmt den Teller auf den Schoß, aber auch dadurch ändert sich nichts. Die Nudeln bleiben auf der einen Hälfte des Tellers.

„Wie geht das? Na dann … müssen eben die Steinplatten hier schief sein. Logisch.“

Er dreht den Teller um 180 Grad, um zu sehen was geschieht. Nudeln und Sauce rutschten auf die gegenüber liegende Seite des Tellers.

„Ok, genug Wein für heute, ich gehe ins Bett.“

Kaum hat er sich langgemacht, nimmt sein inneres Gleichgewicht ein Gefälle war.

„Hey, sag mal spinn ich? Ach, vermutlich ist wieder das Lattenrost von der Halterung gerutscht.“

Noah wirft einen Blick unter die Matratze, aber alles ist an seinem Platz. Er legt sich wieder hin und platziert sein Handy für die Nacht auf der Bettkannte. Wie immer.

Dreimal brummt das Telefon und rutscht dann von der Bettkante. Er hebt es von der Erde auf steigt in einen Chat mit Yumi ein.

Yumi: Na, was geht?
Noah: Es geht abwärts!

Yumi: Du Scherzkeks 😉
Noah: Ich scherze nicht!

Yumi: Sehen wir uns morgen?
Noah: Bin nich‘ sicher…

—> Abwärts – Vol 2

55) Ebbe im Teich

Beim Ententeich, im benachbarten Volkspark, haben Wasserwerke und Grünflächenamt wohl den Stöpsel gezogen. Der Wasserspiegel nahm in den letzten Tagen kontinuierlich ab, nur in der Mitte des Tümpels haben sie noch eine große Pfütze belassen, damit die Enten nicht vollends austrocknen und die vorzeitige Abreise gen Süden antreten. Nun können wir alle auf den schlammigen und stinkenden Grund des künstlichen Gewässers schauen. Und auf all die Schätze, die in den See gefallen sind oder in ihm versenkt wurden. Da sind zum Beispiel große Äste dabei und Steine. So etwas schmeißen Kinder gern mal ins Wasser oder aufs winterliche Eis. Macht ja auch Spaß.

Aber es gibt noch viel mehr zu entdecken:

  • Irgendwelche Vollpfosten haben im Suff eine Parkbank im See versenkt. Das ist schon echt ´ne Leistung, so ein Ding ist echt schwer und muss man erst einmal über das Geländer wuchten. Respekt Leute. Ihr seid Helden.
  • Die Stapelstühle des Park-Cafés dagegen, lassen sich noch viel weiter in den See werfen, als so eine blöde Parkbank. Das Café wird sich nun freuen. Die Stühle gehören zweifelsfrei zu ihnen und sie bekommen nun zehn vollkommen verdreckte Exemplare zurück auf die Terrasse gestellt. Die haben sie doch vermisst, oder?
  • Wie zu erwarten, liegen auch Leihfahrräder im Schlamm. Sind zwar schon lange abgeschrieben, man könnte aber mal mit `nem Lappen drüber gehen und dann rollen die wieder. Weiß eigentlich jemand, wie so ein Leihfahrrad in der Bike-Sharing-App angezeigt wird, wenn es im Wasser liegt? Als Tretboot vielleicht?
  • Und eine Menge Mülleimer konnte ich da in der Pampe ausmachen. „Warum werfen die den Müll nicht in die Mülleimer, sondern die Mülleimer in den Müll“, fragt die Tochter. Gute Frage und kreatives Wortspiel, kommt auf meinen Blog, versprochen!
  • Gewundert hat mich allerdings, keine Bierflaschen dort im Schlamm gesehen zu haben. Aber vielleicht war am frühen Morgen schon ein fleißiger Sammler unterwegs und hat das Flaschensammeln mit einer Watt-Wanderung verbunden. Für etwas Kleingeld.

Kann man nur hoffen, dass Party-Touristen diese Sauerei veranstaltet haben, denn dann sind die jetzt wieder weit weg. Im Schlick liegen sie jedenfalls nicht.

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